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06.06.2003; 14:10 Uhr
Mit NRW erstmals auch SPD-Bundesland gegen höhere Rundfunkgebühren
Steinbrück will Gebührenerhöhung erst ab 2007

Mit Nordrhein-Westfalen hat sich erstmals auch ein SPD-geführtes Bundesland gegen die von ARD und ZDF beantragte Erhöhung der Rundfunkgebühren ausgesprochen. Nach dem Willen des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Peer Steinbrück (SPD) sollen die Rundfunkgebühren nicht schon im Jahr 2005, sondern frühestens im Jahr 2007 steigen, schreibt die "Süddeutsche Zeitung" ("SZ") am 5.6.2003 unter Berufung auf ein Papier der Düsseldorfer Staatskanzlei. Steinbrück begründet seinen Vorstoß dem Bericht zu Folge mit dem drastischen Einbruch der Werbeeinnahmen bei den privaten Rundfunksendern. Eine Gebührenerhöhung würde die Wettbewerbssituation der Privaten gegenüber den öffentlich-rechtlichen Rundfunkveranstaltern erheblich verschlechtern. Vor Steinbrück hatten sich bereits führende Unionspolitiker wie der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber für ein Einfrieren der Rundfunkgebühren ausgesprochen. Bei der ARD stieß der Vorschlag Steinbrücks umgehend auf Kritik. Der Ministerpräsident solle das Ergebnis der Prüfung der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (KEF) abwarten, mahnte der ARD-Vorsitzende Jobst Plog noch am gleichen Tag. Es müsse bei der gesetzlich vorgesehenen und vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bestätigten staatsfernen Festsetzung der Rundfunkgebühren bleiben, forderte Jobst.

Steinbrück schreibt in dem von der "SZ" im Wortlaut veröffentlichten Papier, gegenwärtig beschlössen die Parlamente in schwerster finanzpolitischer Lage tiefe Einschnitte und belasteten damit die privaten Haushalte. Davon seien zweifellos auch die frei verfügbaren Mittel für familiäre Mediennutzung betroffen. Jede Erhöhung der Rundfunkgebühr verschärfe die Wettbewerbssituation für Zeitungen, Zeitschriften, Internet-Zugangskosten und Bezahlfernseh-Angebote. In einer Zeit, in der verantwortlich gestaltete Politik den Menschen schmerzhafte Einschnitte zumuten müsse, wirke die Forderung des öffentlich- rechtlichen Rundfunks nach einer Gebührenerhöhung um rund zehn Prozent "vornehm ausgedrückt befremdlich". Der öffentlich-rechtliche Rundfunk müsse sich deshalb "auf seine Kernaufgaben konzentrieren, nämlich die elektronische Grundversorgung". Kritisch äußert sich Steinbrück in dem Papier auch mit Blick auf das Engagement der öffentlich-rechtlichen Sender bei Sportübertragungen. "ARD und ZDF haben nicht den Auftrag, die Finanzprobleme der Bundesliga und ihrer Rechtehändler zu lösen vor allem dann nicht, wenn die Vermarkter die Vergabe der WM-Rechte 2006 vom Kauf der Bundesligarechte abhängig machen wollen", gibt die "SZ" den Ministerpräsidenten wieder.

ARD und ZDF haben am 30.4.2003 bei der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (KEF) ihre Forderungen für den kommenden Gebührenzeitraum angemeldet. Zur Höhe der Forderungen nahmen weder die KEF noch die Rundfunkanstalten Stellung. Nach Presseberichten verlangt die ARD für den Zeitraum von 2005 bis einschließlich 2008 rund 1,8 Milliarden Euro mehr, das ZDF hat einen Mehrbedarf von 1,1 Milliarden Euro angemeldet. Das entspräche für die Landesrundfunkanstalten einer jährlichen Steigerung von 2,4 Prozent und für das ZDF einem jährlichen Zuwachs von 4,4 Prozentpunkten. Den Rundfunkanstalten geht es nach eigener Darstellung nicht um eine weitere Ausweitung ihrer Angebote, sondern nur um einen Ausgleich für Kostenerhöhungen. Der Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT), der die Interessen der deutschen Privatsender vertritt, sprach dagegen von "Gebührenmissbrauch" und warf ARD und ZDF vor, sie wollten offenbar eine "Fußballsteuer" einführen. Über die Forderungen der Rundfunkanstalten entscheiden die Bundesländer auf Empfehlung der KEF. Die Stellungnahme der Behörde wird nicht vor November 2003 erwartet.

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