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04.04.2001; 18:28 Uhr
Napster fordert Erteilung von gesetzlichen Lizenzen
Anhörung vor dem Rechtsausschuss des US-Senats - Schlagabtausch mit Musikindustrie

Auf der mit Spannung erwarteten Anhörung des Rechtsausschusses des US-Senats haben sich Vertreter der Internet-Musiktauschbörse Napster und der US-amerikanischen Musikindustrie am 3.4.2001 in Washington einen harten Schlagabtausch geliefert. Vertreter von Napster forderten den US-Kongress auf, den Musiktausch im Internet durch Einführung gesetzlicher Lizenzen ausdrücklich zu erlauben, um Rechtssicherheit für die weitere Entwicklung des Marktes zu schaffen. Die Musikindustrie wandte sich nachdrücklich gegen diesem Vorschlag und warf dem Unternehmen aus dem kalifornischen Redwood City "parasitäre Geschäftstaktiken" vor. Der US-Senat scheut dem Vernehmen nach eine gesetzliche Lösung und neigt eher dazu, die Lösung des Konflikts dem Markt zu überlassen.

Der kommissarische Geschäftsführer von Napster, Hank Berry, vertrat bei der Anhörung die Auffassung, gesetzliche Lizenzen ("compulsory statutory licences") könnten innovative Dienstleistungen für die Nutzer attraktiver machen und gleichzeitig sicherstellen, dass Verleger und Urheber für die Nutzung ihres geistigen Eigentums eine angemessene Entschädigung erhielten. Berry wies darauf hin, dass der US-Gesetzgeber in der Vergangenheit häufig gesetzliche Lizenzen genutzt habe, um im öffentlichen Interesse die Entwicklung von neuen, vorübergehend unwirtschaftlichen Mäkten zu fördern. Musiksendungen im Rundfunk gebe es auch nur deswegen, weil der Gesetzgeber durch Einführung gesetzlicher Lizenzen und Urheberrechtsabgaben für einen Interessenausgleich zwischen Rundfunkveranstaltern und Rechteinhabern gesorgt habe. Die Einführung gesetzlicher Lizenzen würde auch Rechtssicherheit für die weitere Marktentwicklung schaffen, weil sie jahrelange Rechtsstreite vermeiden und langwierige individuelle Verhanldungen mit den einzelnen Rechteanbietern überflüssig machen würde. Berry beklagte, Napster haben sich monatelang vergeblich um Lizenzen bemüht. Die Musikindustrie habe sich Verhandlungen von vornherein verweigert.

Vertreter der National Music Publishers' Association (NMPA) und der Recording Industry Association of America (RIAA) wiesen diese Vorwürfe für die US-amerikanischen Musikverleger entschieden zurück. Edward Murphy, Vorsitzender und Geschäftsführer der NMPA, betonte, die Musikindustrie verweigere sich keinesfalls neuen technologischen Entwicklungen. Man habe bereits mehr als dreißig Unternehmen dazu lizensiert, Musik über das Internet zu übertragen. Diese Unternehmen zahlten dafür aber auch Gebühren an die Rechteinhaber in Übereinstimmung mit dem Digital Performance Right in Sound Recordings Act von 1995, der ausdrücklich klargestellt hatte, das das Urheberrecht auch das Recht zur digitalen Verbreitung von Musikaufnahmen umfasse. Das Problem sei nur, dass einige Unternehmen - allen voran Napster - diese Gesetze trickreich umgingen und sich durch Erleichterung von Urheberrechtsverletzungen "in beispiellosem Ausmaß" Wettbewerbsvorteile gegenüber rechtstreuen Wettbewerbern verschafften. Murphy appelierte an den Ausschuss, die Lösung des Konflikts dem Markt zu überlassen. Die Einigung der Musikindustrie mit Anbietern wie mp3.com zeige, dass die Angelegenheit im Verhandlungsweg rechtlich und tatsächlich am besten zu lösen sei.

Die Meinung der Ausschussmitglieder zu einem möglichen Einschreiten des Gesetzgebers waren geteilt. Während Senator Patrick Leahy (Demokraten) meinte, es gäbe in beiden Kammern des US-Kongresses einige Symphathien für die Einführung gesetzlicher Lizenzen, betonte der Ausschussvorsitzende, Senator Orrin Hatch (Republikaner), gesetzliche Lizenzen kämen seines Erachtens nur als letztes Mittel in Betracht, wenn der Markt an einer Lösung des Konflikts scheitern sollte. Im Übrigen solle man die Angelegenheit besser dem Wettbewerb überlassen. Hatch verwies darauf, dass mittlerweile mit MusicNet, einem Projekt von AOL Time Warner, EMI, Bertelsmann und RealNetWorks und Duet, einem Projekt von Sony und Vivendi, auch Angebote der Musikindustrie in Vorbereitung seien. Die Republikaner haben im US-Senat zur Zeit noch eine knappe Mehrheit.

Während der Anhörung wurden auch Spannungen zwischen Musikern und Musikverlegern deutlich. Vertreter der Musiker, darunter Don Henley von den Eagles und Alanis Morissette, beklagten vor dem Ausschuss, die Belange der Künstler würden in der Diskussion bisher weitgehend ignoriert. Musikverleger und Internetunternehmen verhandelten über ihre Köpfe hinweg. Die Künstler müssten für die Verbreitung ihrer Werke über das Internet eine angemessene Entschädigung erhalten. Die "fair use"-Doktrin dürfe auf keinen Fall auch auf den Tausch von Musikstücken ausgedehnt werden.

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