Online-Angebote von ARD und ZDF rechtswidrig?
Die Online-Angebote von ARD und ZDF sind nach Auffassung der deutschen Zeitungsverleger rechtswidrig. Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) und der Zeitungsverlegerverband Nordrhein-Westfalen (ZVNRW) legten am 27.3.2001 in Düsseldorf ein Gutachten des Leipziger Medienrechtlers Christoph Degenhart vor. Danach sind eine Ausweitung des Online-Angebots der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und Bestrebungen, das Internet zu "eigener Programmsäule" auszubauen, nicht vereinbar mit geltendem Recht und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Besondere Brisanz hat das Gutachten wegen der Pläne von ARD und ZDF, ihre bestehenden Internet-Auftritte auszuweiten.
Die Verleger fordern eine Verkleinerung der bestehenden Online-Angebote und die Aufgabe der Pläne für deren Ausbau. Außerdem verlangen sie, ARD und ZDF müssten in ihren Internet-Angeboten auch in Zukunft auf jede Form von Werbung, Sponsoring und E-Commerce verzichten. Besonders harte Kritik äußerten die Verleger an der geplanten Zusammenarbeit des ZDF mit T-Online. Es sei "fragwürdig", dass eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt auf diesem Weg einem ehemaligem Staatsunternehmen einen Wettbewerbsvorteil verschaffe.
Christof Degenhart führt in seinem 123-seitigen Gutachten aus, neue Dienste der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten seien nach den Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrags (RStV) zwar grundsätzlich zulässig, müssten aber vorwiegend programmbezogen sein, also in erster Linie herkömmliche Rundfunksendungen inhaltlich begleiten und ergänzen. Nur dann bewegten sich die Rundfunkanstalten innerhalb ihres gesetzlich und verfassungsrechtlich vorgegebenen Auftrags zur Grundversorgung der Bevölkerung. Die Einrichtung von programmunabhängigen Angeboten, die keinen Bezug zum herkömmlichen Angebot haben, seien mit dem Rundfunkstaatsvertrag dagegen nicht vereinbar. Außerdem ständen sie wegen der Gebührenfinanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten im Widerspruch zum Grundgesetz und zu Gemeinschaftsrecht der Europäischen Union.
ARD und ZDF haben die Vorwürfe der Zeitungsverleger umgehend zurückgewiesen. Die Begründung des vorgelegten Gutachtens sei nicht stichhaltig. Die bestehenden Internet-Angebote hielten die Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrags ein. Das ZDF hat allerdings erst vor kurzem angekündigt, seine langjährige Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Nachrichtendienst MSNBC beim Betrieb des Nachrichtenportals zdf.msnbc.de zu beenden. Die Zusammenarbeit war rundfunkrechtlich in die Kritik geraten, weil der Rundfunkstaatsvertrag das Sponsoring bei Nachrichtensendungen und Sendungen zum politischen Zeitgeschehen ausdrücklich untersagt.
Das ZDF will gemeinsam mit der Telekom-Tochter T-Online sein Internet-Angebot zum führenden Nachrichtenportal Deutschlands ausbauen. Unter der Adresse heute.t-online.de sollen in Zukunft vor allem Beiträge der heute-Redaktion veröffentlicht werden. Auch die ARD beabsichtigt eine Erweiterung seiner Angebote www.ard.de und www.tagesschau.de. Ihre Internet-Auftritte zu Nachrichtenportalen ausbauen wollen auch einige Landesrundfunkanstalten, darunter der Westdeutsche Rundfunk (WDR) und der Bayerische Rundfunk (BR).
Dokumente:
- Gutachten von Prof. Dr. Christoph Degenhart vom Februar 2001
- Rundfunkstaatsvertrag (RfStV) vom 31.8.1991 i. d. F. des 5. RfÄndStV vom 6.6.2000, konsolidierte Fassung
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