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04.04.2001; 16:31 Uhr
Streit um gebrauchte Bücher bei Amazon.com
Autoren und Verleger in den USA drängen auf Einstellung des Angebots

Die Entscheidung des Internet-Buchhändlers amazon.com, in seinem Angebot auch gebrauchte Bücher anzubieten, hat zu heftigen Protesten US-amerikanischer Autoren und Buchverleger geführt. Im Kreuzfeuer der Kritik steht dabei, dass auf derselben Bildschirmseite, die für den Kauf eines neuen Exemplares eines Buches wirbt, auch auf gebrauchte Exemplare des Buches hingewiesen wird, die von Amazon-Kunden zu zum Teil erheblich günstigeren Preisen angeboten werden. Auf positive Resonanz ist das Angebot dagegen bei kleinen Buchhandlungen gestoßen, die die neue Möglichkeit nutzen, um zurückgegebene oder leicht beschädigte Bücher zu verwerten. Die deutsche Tochter von amazon.com, amazon.de, bietet bisher noch keine gebrauchten Bücher an.

Nach Auffassung von Amazon wird der neue Dienst, der bereits seit November letzten Jahres angeboten wird, insgesamt zu einer größeren Nachfrage nach Büchern führen, weil er durch günstigere Preise die Hemmschwelle für spontane Käufe senkt. Schließlich habe es immer schon einen Markt für gebrauchte Bücher gegeben, der auf Kosten des Absatzes von neuen Büchern gegangen sei.

Die US-amerikanischen Autoren und Buchverleger sehen das naturgemäß anders. Die Authors Guild, mit 8000 Mitgliedern eine der größte Autorenvereinigungen der USA, und die Association of American Publishers (AAP) als wichtigster Berufsverband der US-amerikanischen Buchverleger, befürchten wegen des neuen Dienstes sinkende Verkaufszahlen bei neuen Büchern, sinkende Umsätze und damit auch sinkende Gewinne. Sinkende Gewinne wiederum würden schließlich auch den Buchautoren schaden und sie entmutigen, neue Bücher zu schreiben. Authors Guild und AAP beklagen auch, dass Amazon keinerlei Vorkehrungen getroffen habe, um den Verkauf von Rezensions- und Ansichtsexemplaren, die nicht zum Verkauf bestimmt sind, zu unterbinden.

Beunruhigt sind Autoren und Verleger vor allem deswegen, weil der neue Dienst von Amazon Käufer, die eigentlich ein neues Exemplare erstehen wollten, überhaupt erst auf die Idee brächte, statt dessen ein gebrauchtes Exemplar zu kaufen. Der Handel mit gebrauchten Büchern sei zwar schon immer zu Lasten der Verkaufszahlen neuer Bücher gegangen, hätte aber bisher nie zu nennenswerten Umsatzeinbußen geführt, weil die Suche nach einem bestimmten, gebrauchten Buch bisher eher ein Glücksspiel war.

Positiv angenommen worden ist das neue Angebot nicht nur von Verbrauchern, sondern auch von kleinen Buchhandlungen und Verlagen, die den Dienst als Möglichkeit entdeckt haben, Remittenden oder zurückgegebene oder leicht beschädigte Bücher an den Mann zu bringen, die bisher oft genug nicht mehr verwertet werden konnten.

Amazon hat trotz der Proteste angekündigt, seinen neuen Dienst weiter anzubieten. Rechtlich haben Autoren und Verleger keine Handhabe gegen den Internet-Buchhändler. Nach der "first sale doctrine" des US-amerikanischen Urheberrechts erschöpfen sich - vergleichbar dem Erschöpfungsgrundsatz des deutschen Urheberrechts - die Rechte des Urhebers an einem bestimmten Exemplar eines Buches mit der ersten entgeltlichen Entäußerung in den Markt. Der Verkauf eines gebrauchten Buches löst anschließend keine urheberrechtlichen Entgelt- oder Entschädigungsansprüche aus.

Institutionen:

[IUM/jz]

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