US-Filmindustrie schließt Tarifvertrag mit Drehbuchautoren
Nach monatelangen Verhandlungen ist die Streikgefahr in der US-Filmindustrie vorerst gebannt. Am 5.5.2001 schloss die Alliance of Motion Picture and Television Producers (AMPTP) in Hollywood einen Tarifvertrag mit der Writers Guild of America (WGA), der wichtigsten Gewerkschaft von Drehbuchautoren in den USA. Der Vertrag sichert den etwa 12.000 Mitgliedern der Writers Guild im Verlauf der nächsten drei Jahre Mehreinkünfte von 41 Millionen US-Dollar (etwa 90 Millionen Mark). Die Tarifpartner einigten sich erstmals auch über die Beteiligung der Drehbuchautoren an den Einnahmen der Filmstudios aus Video-Abrufdiensten, z. B. über das Internet. Wichtige Neuerungen bringt der Tarifvertrag auch im Bereich der sogenannten "kreativen Rechte" der Autoren ("creative rights"). Der Tarifabschluss wird nach allgemeiner Erwartung großen Einfluss auf die Tarifverhandlungen haben, die demnächst zwischen Filmstudios und Schauspielern beginnen.
Die Beteiligung der Drehbuchautoren an den Einnahmen der Filmstudios aus der Verwertung von Filmen und Fernsehsendungen über neue Abrufdienste war ein Hauptstreitpunkt während des Verhandlungsmarathons. In Zukunft werden die Autoren an den Erlösen aus der Übertragung von Aufnahmen in Abrufdiensten, die nur eine zeitlich begrenzte Wiedergabe zulassen, mit 1,2 Prozent beteiligt. Die entsprechende Bestimmung des Tarifvertrags gilt rückwirkend für alle Aufnahmen seit dem 1.7.1971, also auch für die Verwertung von Film- oder Sendearchiven. Die Tarifvertragsparteien einigten sich auch über eine Vergütung der Autoren für den Fall, dass Formate, die ursprünglich für das Internet entwickelt wurden, später für Film oder Fernsehen genutzt werden. Offen gelassen wurde allerdings die Frage der Vergütung für die Verwertung von Filmen oder Fernsehsendungen in Abrufdiensten, die eine zeitlich unbegrenzte Nutzung zulassen, also z. B. das Herunterladen kompletter Filme über das Internet auf den eigenen Rechner.
Wichtige Neuerungen bringt der Tarifvertrag, der von den Mitglieder der WGA allerdings noch gebilligt werden muss, vor allem im Bereich der sogenannten "kreativen Rechte" der Drehbuchautoren ("creative rights"), deren Rolle während der gesamten Filmherstellung und -vermarktung erheblich aufgewertet wird. Die Autoren erhalten nach dem Vertrag das Recht, den Film noch vor Produktionsbeginn mit dem Regisseur zu besprechen. Außerdem dürfen sie ihre Skripte den Schauspielern erläutern und die Dreharbeiten vor Ort besuchen. Die Filmstudios verpflichteten sich außerdem dazu, bei Filmpremieren, Pressevorführungen und Festivals zukünftig nicht nur Regisseur und einzelne Schauspieler einzuladen, sondern auch den jeweiligen Drehbuchautor, der so erheblich stärker als Miturheber des Films öffentlich in Erscheinung tritt. Vor einem Wechsel des Drehbuchautors - bei Serienproduktionen in den Vereinigten Staaten üblich - sollen die Filmproduzenten in Zukunft Rücksprache halten. Keinen Erfolg hatte die Gewerkschaft allerdings mit ihrer Forderung, den sogenannten "possessory credit", die Nennung als Haupturheber des Films vor allem im Filmvor- und -abspann ("A Film By"), in Zukunft nicht ausschließlich den Regisseuren zu überlassen. Viele Autoren hatten sich in der Vergangenheit bei der Vermarktung neuer Filme unter dem Namen eines Regisseurs in ihrem Beitrag zum Gelingen des Films zurückgesetzt gefühlt. Nachdem die Filmstudios sich auf eine entsprechende Vereinbarung nicht einlassen wollten, wird der "possessory credit" nun - wie schon in der Vergangenheit - von Fall zu Fall einzeln ausgehandelt werden.
Der Tarifabschluss wird aller Voraussicht nach Signalwirkung für die Tarifverhandlungen der Filmstudios mit den Schauspielergewerkschaften haben. Die beiden großen Schauspielervereinigungen, die Screen Actors Guild (SAG) und die American Federation of Television and Radio Artists (AFTRA) haben bereits angekündigt, den neuen Tarifvertrag genau zu untersuchen. Die geltenden Tarifverträge der Filmstudios mit den Schauspielern laufen zum 30.6.2001 aus, ab dem 10.6.2001 soll über einen neuen Abschluss verhandelt werden.
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