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18.05.2001; 21:05 Uhr
BGH: Branchen- und Gattungszeichnungen als Domainnamen grundsätzlich zulässig
Nicht von vornherein wettbewerbswidrige "Kanalisierung von Kundenströmen" zu erwarten

Branchen- und Gattungsbezeichnungen sind als Domainnamen grundsätzlich zulässig, falls sie nicht zu einer Irreführung der Verbraucher führen. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) am 17.5.2001 in einem mit Spannung erwarteten Grundsatzurteil (Az. ). Der BGH schloss sich damit nicht der Auffassung des Oberlandesgerichts Hamburg (OLG) an, dass im Juli 1999 einer Vereinigung von Mitwohnzentralen die Verwendung der Domain mitwohnzentrale.de als von vornherein unzulässig untersagt hatte. Das OLG, an das der BGH den Rechtsstreit zurückverwies, muss nun die Frage klären, ob die Verwendung der Adresse zu einer Irreführung der Verbraucher führt oder nicht.

Im Fall hatte ein Mitbewerber den Ring Europäischer Mitwohnzentralen (REM) wegen der Verwendung der Adresse mitwohnzentrale.de auf Unterlassung verklagt. Der Mitbewerber war der Meinung, die Verwendung dieser Domainbezeichnung sei wettbewerbswidrig. Die Monopolisierung von Branchen- oder Gattungsbegriffen führe zu einem gezielten Abfangen von Kunden, einer Kanalisierung von Kundenströmen, einer Einschränkung von Mitbewerbern und damit zu einer nachhaltigen Beeinträchtigung des Wettbewerbs. Branchen- und Gattungsbegriffe müssten im Internet freigehalten werden. Außerdem sei die Verwendung der Adresse mitwohnzentrale.de irreführend, weil sie den Eindruck erwecke, man finde dort das Angebot sämtlicher Mitwohnzentralen. Das Landgericht Hamburg (LG) und das OLG hatten dem Kläger in erster und zweiter Instanz Recht gegeben.

Der BGH schloss sich der Meinung der Hamburger Richter nicht an. Die verbreitete Übung, Gattungs- oder Branchenbezeichnungen als Internet-Adressen zu verwenden, sei grundsätzlich zulässig. Von einem Abfangen von Kunden könne keine Rede sein, der Beklagte stelle sich nicht zwischen den Kläger und dessen Kunden, um sie auf sein Angebot umzulenken. Die Kanalisierung von Kundenströmen sei für sich gesehen nicht wettbewerbswidrig, der Beklagte nutze soweit nur einen sich ihm bietenden Vorteil. Die Verbraucher würden durch die Verwendung der Adresse auch nicht unsachlich beeinflusst. Ein Internet-Nutzer, der die Verwendung von Suchmaschinen als lästig empfinde und statt dessen direkt einen Gattungs- oder Branchenbegriff als Internet-Adresse eingebe, sei sich im allgemeinen über die Nachteile dieser Suchmethode, insbesondere die Zufälligkeit des gefundenen Ergebnisses, im klaren.

In ihrer Entscheidung stellten die Karlsruher Richter allerdings klar, dass die Verwendung von Branchen- oder Gattungsbezeichnungen im Einzelfall sehr wohl wettbewerbswidrig sein könne. Das könne beispielsweise dann der Fall sein, wenn sich ein Mitbewerber eine Branchen- oder Gattungsbezeichnung nicht nur für eine Top-Level-Domain (z. B. ".de"), sondern für mehrere Top-Level-Domains eintragen lasse. Zum anderen dürften Branchen- und Gattungsbezeichnungen nicht irreführend verwendet werden. Beim Verbraucher dürfe wahrheitswidrig nicht der Eindruck erweckt werden, dass bestimmte Waren oder Dienstleistungen im Internet nur von einem Unternehmen angeboten würden.

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