USA: Streit um Entschlüsselung von Kopierschutz weitet sich aus
In den USA weitet sich der Streit über die Veröffentlichung von Forschungsergebnissen zur Entfernung des Kopierschutzes von digitaler Musik aus. Eine Gruppe von Wissenschaftlern um Professor Edward Felten von der Princeton University erhob am 6.6.2001 an einem US-Bezirksgericht in New Jersey Klage gegen die Recording Industry Association auf America (RIAA). Die Wissenschaftler wollen gerichtlich ihr Recht feststellen lassen, Forschungsergebisse zur Entschlüsselung und Entfernung sogenannter "digitaler Wasserzeichen" in Musikdateien zu veröffentlichen. Bestimmungen des US-amerikanischen Urheberrechtes, das die Verbreitung von Mitteln zur Umgehung von Kopierschutzmechanismen untersagt, betrachten die Forscher als Verletzung ihres Rechts auf freie Meinungsäußerung. Unterstützt werden sie in dieser Auffassung von der Electronic Frontier Foundation (EFF), einer US-Bürgerrechtsorganisation.
"Wir befürchten, dass es für Unternehmen üblich wird, Forscher unter Druck zu setzen, wenn ihnen deren Forschungsergebnisse nicht gefallen", meinte Felten. Dem Wissenschaftler war es gemeinsam mit Kollegen von der Rice University gelungen, vier Verfahren zur Kennzeichnung von Musik mit digitalen Wasserzeichen zu entschlüsseln. Nachdem Felten angekündigt hatte, die Forschungsergebnisse im April 2001 auf einem Wissenschaftskongress in Pittsburgh vorzustellen, hatten Anwälte der RIAA und der ebenfalls von der US-amerikanischen Musikindustrie finanzierten Secure Digital Music Initiative (SDMI) die Wissenschaftler aufgefordert, bestimmte Abschnitte aus der Veröffentlichung zu streichen. Die Musikindustrie warnte, die Veröffentlichung könnte weitreichende Folgen haben. Bei Bekanntwerden der Entschlüsselungsroutinen sei mit Urheberrechtsverletzungen im großen Stil zu rechnen. Felten sieht das anders: "Leute, die sich in diese Technologie einkaufen wollen, haben ein Recht darauf, zu wissen, ob diese Technologie arbeitet." An den Schwächen der Technologie ändere man nichts, wenn man darüber veröffentliche.
Die Musikindustrie beruft sich bei ihren Forderungen auf den US-amerikanischen Digital Millenium Copyright Act (DMCA) von 1998, der die Verbreitung von Mitteln zur Umgehung von Kopierschutzmechanismen grundsätzlich untersagt. Veröffentlichungen zu wissenschaftlichen Zwecken lässt das Gesetz nur ausnahmsweise und nur unter nähere geregelten Voraussetzungen zu. Unter anderem muss der betroffene Forscher das geschützte Werk rechtmäßig erlangt haben und die Veröffentlichung zu Zwecken der Forschung erforderlich sein. Außerdem stellt das Gesetz darauf ab, ob der Forscher die Ergebnisse seiner Arbeit dem Rechteinhaber zur Verfügung stellt, um diesem eine Verbesserung der Kopierschutzmechanismen zu ermöglichen. Ein Streit wie in den USA steht möglicherweise auch den Europäern bald bevor: Ein Verbot der Verbreitung von Mitteln zur Umgehung von Kopierschutzmechanismen will künftig auch die EU-Urheberrechtsrichtlinie erreichen, die am 9.4.2001 vom EU-Ministerrat verabschiedet wurde.
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