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13.07.2001; 22:23 Uhr
Bundesrat meldet Bedenken gegen neues Urhebervertragsrecht an
Einwände gegen gesetzliche Vergütungsansprüche und Zwangsschlichtung

Der Bundesrat hat erhebliche Bedenken gegen die von der Bundesregierung vorgeschlagene Neuregelung des Urhebervertragsrechts angemeldet. In ihrer Sitzung vom 13.7.2001 forderte die Länderkammer die Regierung auf, eine Reihe von Fragen im Zusammenhang mit dem geplanten Gesetz zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern zu überprüfen. Im Mittelpunkt der Kritik des Bundesrats steht die im Gesetzentwurf vorgesehene Einführung gesetzlicher Vergütungsansprüche und die geplante Zwangsschlichtung im Verhältnis zu einzelnen Werknutzern. Die Bundesländer folgten damit mehrheitlich einer Beschlussempfehlung der Bundesratsausschüsse für Recht und Wirtschaft. Diese hatten den Gesetzentwurf in einer Stellungnahme bereits im Vorfeld als "inhaltlich nicht ausgereift" bezeichnet und die Befürchtung geäußert, bei Inkrafttreten der Regelungen drohten "nicht abschätzbare Folgen für die betroffenen Wirtschaftskreise".

Nach dem Willen des Bundesrats soll die Bundesregierung vor allem überprüfen, ob die Einführung gesetzlicher Vergütungsansprüche tatsächlich erforderlich ist, um die Rechtsstellung der Urheber zu verbessern. Die Bundesländer warnten, die Bestimmung der Angemessenheit werde die Gerichte vor erhebliche Schwierigkeiten stellen. Darüber hinaus bat der Bundesrat, dafür Sorge zu tragen, dass im Fall der Einführung gesetzlicher Vergütungsansprüche das Verhältnis der vertraglichen zu den gesetzlichen Vergütungsansprüchen ausdrücklich gesetzlich geregelt werde. Zu klären sei dabei insbesondere, wie bei einem Auseinanderfallen von gesetzlichem und vertraglichem Vergütungsanspruch etwa in Folge einer Abtretung zu verfahren sei. Zweifel äußerte die Länderkammer auch am Sinn der geplanten gemeinsamen Vergütungsregeln. Die gesetzliche Vermutung der Angemessenheit werde wohl auch in Verbindung mit der Regelung der gemeinsamen Vergütungsregeln keine flächendeckende angemessene Vergütung für Urheber erreichen. Zahlreiche Fragen aufgeworfen würden schließlich auch durch die vorgesehene Zwangsschlichtung im Verhältnis der Urheber zu einzelnen Werknutzern, die Festlegung von Vergütungsregelungen durch die Oberlandesgerichte und die Anforderungen an die Verhandlungsfähigkeit von Urheber- und Werknutzervereinigungen.

Die Bundesratsausschüsse hatten kritisiert, die vorgeschlagene Reform des Urhebervertragsrechts greife "in weiten Teilen auf unbestimmte Rechtsbegriffe und Generalklauseln" zurück, "die den Gerichten große Auslegungs- und Gestaltungsspielräume eröffnen". Dies sei mit einer "erheblichen Rechtsunsicherheit" verbunden. Die Ausschüsse hatten darüber hinaus festgestellt, dass der Regierungsentwurf mit dem vorgeschlagenen gesetzlichen Anspruch auf eine angemessene Vergütung pauschal von einem strukturellen Ungleichgewicht der Urheber im Verhältnis zu den Verwertern ausgehe, "ohne eine differenzierte branchenspezifische Analyse der Wirtschaftsbedingungen in diesem Bereich vorzunehmen". Die tatsächlichen Verhältnisse in den verschiedenen, unterschiedlich betroffenen Branchen, die in weiten Teilen mittelständisch strukturiert seien, würden nicht berücksichtigt.

Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) hatten vor der Sitzung des Bundesrates noch einmal gewarnt, die Umsetzung des Regierungsentwurfs würde die Vielfalt der Berichterstattung in den Medien gefährden. Das Gesetz führe zu einer Rechts- und Planungsunsicherheit, mit der kein Medienunternehmen und kein Kulturbetrieb arbeiten könne. Die Verwertungswirtschaft werde sich überlegen müssen, ob man in Zukunft überhaupt noch Beiträge freier Mitarbeiter übernehmen könne. Bereits am 11.7.2001 hatte der Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT) die Bundesländer aufgefordert, eine Reform des Urhebervertragsrechts in der von der Bundesregierung vorgesehenen Form zu verhindern. Es sei unbedingt erforderlich, dass die Ministerpräsidenten Alternativen zum Regierungsentwurf prüften, verlangte der VPRT. Der Verband verwies nochmals auf einen eigenen Vorschlag, den er bereits im April 2001 mit ARD, ZDF und den deutschen Verlegern vorgelegt hatte.

Die Bundesregierung hat ihren Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern am 1.6.2001 ins Gesetzgebungsverfahren eingebracht, am 28.6.2001 wurde er im Bundestag in erster Lesung beraten. Nach dem Gesetzesvorschlag können Urheber von jedem, der berechtigterweise ihre Werke nutzt, eine nach Art und Umfang der Werknutzung "angemessene Vergütung" und die zu ihrer Geltendmachung erforderlichen Auskünfte verlangen. Die Höhe der Vergütung regelt der Gesetzentwurf nicht. Die Angemessenheit eines Nutzungsentgelts soll nach dem Entwurf aber vermutet werden, wenn das Entgelt in einem Tarifvertrag oder in "gemeinsamen Vergütungsregeln" festgelegt ist. Aufgestellt werden sollen diese gemeinsamen Vergütungsregeln von Urheber- und Werknutzervereinigungen, die "repräsentativ, unabhängig und zur Aufstellung ermächtigt" sein sollen. Im Streitfall soll über die Regeln ein Schiedsgericht entscheiden, gegen dessen Beschluss den Beteiligten die Klage zu den ordentliche Gerichten offen stehen soll. Verjähren sollen die gesetzlichen Vergütungsansprüche drei Jahre nach Kenntnis des Urhebers von ihrem Entstehen, ohne Rücksicht auf diese Kenntnis in zehn Jahren nach diesem Zeitpunkt.

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