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01.08.2001; 19:25 Uhr
Steigender politischer Druck im Streit um Bundesliga-Berichte
ARD erwägt Kündigung des Vertrags mit Kirch - Änderung des Rundfunkstaatsvertrags?

Im Streit um die Fernseh-Berichterstattung von der Fußball-Bundesliga steigt der politische Druck auf die Konfliktparteien. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) erwartet im Fußballstreit nach den Worten des stellvertretenden Regierungssprechers Bela Anda eine "vernünftige Einigung", die den Erwartungen der Zuschauer gerecht werde. Der niedersächsische Ministerpräsident Sigmar Gabriel (SPD) drohte, wenn es keine Verständigung gebe, müsse über eine Änderung des Rundfunkstaatsvertrages (RfStV) nachgedacht werden. Die ARD kündigte unterdessen an, die Landesrundfunkanstalten würden möglicherweise den Vertrag mit der Kirch-Gruppe kündigen, um ihr gesetzliches Kurzberichterstattungsrecht geltend machen zu können.

Gabriel meinte in der Woche, den Zuschauern dürften Berichte von den Spitzenspielen der Fußball-Bundesliga nicht zu lange vorenthalten werden. Das gesetzliche Recht auf Kurzberichterstattung könnte nicht den Interessen der Kirch-Gruppe und der Deutschen Fußball-Liga (DFL) geopfert werden. Der FDP-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Wolfgang Gerhardt, forderte die Zuschauer im SWR indirekt auf, die SAT1-Sendung "ran" zu boykottieren. Er meinte, wenn die Fußballfans sich jetzt stark zeigten, könnten sie am Ende gewinnen. Auch die Zuschauer hätten eine Marktmacht. Das zeige sich schon an den schlechten Einschaltquoten von "ran" beim Bundesliga-Start am vergangenen Samstag.

Die ARD schliesst unterdessen eine Kündigung ihres Vertrags mit der zur Kirch-Gruppe gehörenden Sportrechte-Agentur ISPR nicht mehr aus. Der stellvertretende ARD-Vorsitzende Peter Voß (SWR) erklärte am 1.8.2001 gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa), es sei offensichtlich nicht ganz einfach, Kirch im einstweiligen Verfügungsverfahren zur Vertragseinhaltung zu bewegen. Voß bestätigte, dass die ARD gegen die kürzlich ergangene Entscheidung des Landgerichts München 1 (LG) Beschwerde zum Oberlandesgericht (OLG) einlegen werde. Sollte auch das erfolglos bleiben, bleibe der ARD nur die Kündigung des laufenden Vertrages mit ISPR und die Durchsetzung des Rechts auf Kurzberichterstattung "ohne Wenn und Aber", meinte Voß.

Vor dem LG hatte die ARD am 31.7.2001 eine Niederlage erlitten. Die Richter entschieden, den Landesrundfunkanstalten sei es nicht gelungen, einen entsprechenden Verfügungsanspruch und -grund hinreichend glaubhaft zu machen. Die ARD hatte die einstweilige Verfügung zwei Tage vor Saisonbeginn beantragt, nachdem Verhandlungen mit der Kirch-Gruppe über die Senderechte erfolglos geblieben waren. Die ARD-Intendanten waren der Auffassung, nach den Verträgen mit ISPR könne die ARD frei entscheiden, über welche drei Bundesliga-Spiele sie in der Acht-Uhr-Ausgabe der "Tagesschau" berichten wolle. Der Kirch-Gruppe warfen sie Vertragsbruch vor. Das Münchner Medienunternehmen hatte die Vorwürfe zurückgewiesen und darauf beharrt, nach den geschlossenen Verträgen dürfe die "Tagesschau" erst nach der SAT1-Sendung "ran" über die Begegnungen berichten. Der Streit zwischen ARD und Kirch-Gruppe ist vor allem dadurch entstanden, dass "ran" ab der kommenden Saison nicht mehr um 18:15 Uhr, sondern erst um um 20:15 Uhr ausgestrahlt wird. Nach Meinung der ARD ist die Grundlage des Vertrages mit ISPR deswegen weggefallen.

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