Rechtsstreit zwischen Fernsehsendern und primacom verzögert sich
Der Rechtsstreit zwischen einigen privaten Fernsehsendern und dem Kabelnetzbetreiber primacom über die ausschließlich digitale Einspeisung bestimmter Programme verzögert sich. Das Landgericht Leipzig (LG), das über eine Klage von ProSieben und Kabel 1 zu entscheiden hatte, erklärte sich am 30.7.2001 durch Zwischenurteil für unzuständig. Die Sender werfen primacom Urheberrechtsverletzungen vor. Sie wollen erreichen, dass der Mainzer Kabelnetzbetreiber nur mit ihrer Zustimmung ihre Programme ausschließlich in das digitale Kabelnetz einspeisen darf. Der Rechtsstreit hat grundsätzliche Bedeutung für die weitere Entwicklung des digitalen Fernsehens in Deutschland.
Nach Auffassung des LG war die Klage von ProSieben und Kabel 1 gegen primacom bereits unzulässig. Die Richter stellten sich auf den Standpunkt, das LG sei nicht zuständig. Die Sender müssten stattdessen ein Schiedsverfahren bei einer Schiedsstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) durchführen. Das Gericht berief sich auf das Urheberrechtswahrnehmungsgesetz (WahrnG), aus dem sich im Fall die Zuständigkeit des DPMA ergebe.
Die klagenden Fernsehsender kritisierten die Entscheidung des LG als "unverständlich" und kündigten Berufung zum Oberlandesgericht Dresden (OLG) an. Um die Angemessenheit von Verträgen gehe es im Fall gerade nicht. Zwischen den Sendern und primacon bestehe gerade kein Vertrag. Strittig sei gerade Frage, ob der Kabelnetzbetreiber ohne entsprechende Vereinbarung nach Belieben bestimmte Programme ausschließlich digital ausstrahlen dürfe. ProSieben und Kabel 1 verwiesen darauf, im Verfügungsverfahren habe man bisher immer Recht bekommen.
Primacom bietet in Leipzip im Rahmen eines Versuchsvorhabens über das der Gesellschaft gehörende Kabelnetz digitales Fernsehen an. Unter der Bezeichnung "primaTV" können zur Zeit etwa 70.000 Haushalte in der Messestadt über 80 Fernsehprogramme empfangen und Filme abrufen ("video on demand"). Voraussetzung ist ein digitales Empfangsgerät und ein rückkanalfähiger Kabelanschluss. Streit gabe es, weil primacom einige Privatsender nicht im ebenfalls angebotenen analogen Kabelprogramm, sondern nur im deutlich teureren digitalen Kabelfernsehen anbot. Sender der Kirch-Gruppe und des Bertelsmann-Konzerns beantragten deswegen erfolgreich einstweilige Verfügungen gegen primacom. Während sich das Unternehmen Anfang Februar 2001 mit den Bertelsmann-Sendern verständigte, kam es mit der Kirch-Gruppe zu keiner Einigung.
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