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08.08.2001; 19:11 Uhr
Auch Kanzler Schröder sieht kein "ran" mehr
"Man muss ja nicht alles tun, was Leo Kirch will"

Die SAT.1-Fußball-Sendung "ran" hat einen prominenten Zuschauer verloren. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) meinte am 6.8.2001 gegenüber der Zeitschrift "Stern", früher habe er um 18:30 Uhr immer "ran" gesehen. Er käme aber nie auf die Idee, seiner Familie um 20:15 Uhr Fußball zuzumuten. SAT.1 hatte "ran" seit der neuen Saison auf Drängen der Kirch-Gruppe auf den späten Sendeplatz verlegt. Das Münchener Medienunternehmen hofft, dadurch mehr Abonnenten für sein verlustreiches Bezahlfernsehen Premiere World zu gewinnen. Der Pay-TV-Kanal überträgt alle Begegnungen der Fußball-Bundesliga live. Bisher hat die Verlegung von "ran" vor allem dazu geführt, dass die Einschaltquoten der Sendung stark eingebrochen sind.

Nach den Worten des Bundeskanzlers sieht Familie Schröder nach der "Tagesschau" um 20 Uhr eher Unterhaltungssendungen wie "Wetten, dass". Seine Frau und seine Tochter seien nicht gerade an Fußball interessiert, und daher müsse er seine Wünsche zurückstellen, gestand Schröder. Auf den Hinweis, er könne sich ja ein Premiere-Abonnement leisten, meinte der Kanzler, man müsse ja nicht alles tun, was Leo Kirch wolle. Als "überzeugter Marktwirtschaftler" gehe er im Übrigen davon aus, dass die Frage vom Markt entschieden würde.

Die Einschaltquoten von "ran" sind seit der Verlegung von 18:30 Uhr auf 20:15 Uhr dramatisch eingebrochen. Am zweiten Bundesliga-Spieltag am 4.8.2001 schalteten bei der SAT.1-Sendung nach Zahlen der Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) nur noch 2,05 Millionen Zuschauer ein. Die Zuschauerzahlen waren damit nochmals niedriger als beim Saisonstart am 28.7.2001, bei dem noch 2,22 Millionen Fußballfans vor den Fernsehgeräten saßen . Besonders bitter für den Kirch-Sender war die Niederlage gegen das noch zwei Stunden beginnenende ZDF-"Sportstudio", bei dem 2,34 Millionen Zuschauer zusahen. Tagessieger wurde das "Hochzeitsfest der Volksmusik" auf der ARD mit 7,13 Millionen Zuschauern, gefolgt von ZDF-Kommissar "Stubbe" mit 4,05 Millionen.

Die Entwicklung der Einschaltquoten zeigt, dass die Kirch-Gruppe und der Deutscher Fußball-Bund (DFB) die deutschen Fernsehzuschauer falsch eingeschätzt haben. Der DFB, der von Kirch für die Fernsehrechte der Bundesliga jährlich 750 Millionen Mark erhält, hatte der Verlegung von "ran" auf den späten Sendeplatz zugestimmt und die Berichterstattung drei Stunden nach Abpfiff als "zeitnah" durchgehen lassen. Die Verlegung von "ran" ist Hintergrund des Streits zwischen der ARD und der Kirch-Gruppe über die Fernsehberichte aus der Fußball-Bundesliga in der "Tagesschau". Nach den abgeschlossenen Verträgen darf die ARD über die Begegnungen nicht früher berichten als die SAT.1-Sendung.

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