Medienanstalten äußern sich zum Kabelnetz-Verkauf an Liberty Media
Die deutschen Landesmedienanstalten haben erstmals zum Verkauf von sechs regionalen Kabelnetzen an die amerikanische Unternehmensgruppe Liberty Media Stellung genommen. In einer Erklärung vom 11.9.2001 fand die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) in Köln dabei deutliche Worte zu Äußerungen von Liberty Media-Chef John Malone. Malone hatte in Gesprächen mit mehreren deutschen Zeitschriften gedroht, Liberty Media werde von dem Kaufvertrag mit der Deutschen Telekom zurücktreten, wenn die deutschen Medien- oder Wettbewerbshüter seinen Plänen Steine in den Weg legten. Die DLM riet Malone, den Prüfbedarf und die Prüfgesichtspunkte der Medienaufsicht nicht als "Regulierungskram" zu kennzeichnen. Das Unternehmen könne davon ausgehen, dass Regulierung in Deutschland nicht als Werkzeug der Verhinderung, sondern als Mittel zur Ermöglichung von Wettbewerb und Vielfalt verstanden werde. Die DLM meinte weiter, Liberty Media wäre gut beraten, sich nicht darüber zu wundern, dass die Übernahme der Kabelnetze durch das Unternehmen in besonderer Weise darauf überprüft werden müsse, ob und wo sie einen Missbrauch wirtschaftlicher Macht mögliche mache. Liberty Media bekäme mit dem Zugriff auf etwa zehn Millionen deutsche Kabelhaushalte eine Marktstellung eingeräumt, die in keinem Land mit einer vergleichbaren Infrastruktur möglich wäre. In den USA würde eine kartellrechtliche Prüfung schon bei geringeren Marktanteilen eingeleitet.
Malone hatte angekündigt, nach dem Kauf der Kabelnetze schon im Sommer 2002 in Deutschland ein eigenes Kabelprogramm anbieten zu wollen. Die monatliche Gebühr für Privathaushalte werde "irgendwo zwischen 20 und 30 Mark liegen, inklusive des Dekoders", sagte er Anfang September gegenüber dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel. Malone meinte, er rechne damit, "dass wir etwa fünf bis sechs Monate brauchen, um den ganzen Regulierungskram zu erledigen und den Kauf juristisch abzuwickeln". Ein weiteres halbes Jahr werde es dauern, bis eine ausreichende Anzahl von Dekodern beschafft sei. Malone kündigte an, Liberty Media wolle für den Ausbau der Kabelnetze und den Aufbau neuer Angebote in Deutschland zehn bis zwölf Milliarden Mark ausgeben. In einem Gespräch mit der Zeitschrift Focus warnte Malone die Bundesländer gleichzeitig davor, die medienpolitischen Rahmenbedingungen für das Vorhaben zu verschlechtern. "Wenn wir feststellen, dass unsere Vision vom Aufbau eines neuen Dienstleistungsbereichs an den Regulatoren und an einem unfreundlichen Klima scheitern, werden wir aus dem Vertrag aussteigen müssen", meinte der Manager.
Die DLM begrüßte in ihrer Stellungnahme, dass mit dem Vertragsschluss eine wesentliche Voraussetzung geschaffen worden sei, die Kabelnetze endlich ihren Möglichkeiten entsprechend auszubauen und zu nutzen. Außer den Wettbewerbshütern seien aber auch gerade die Medienwächter in Deutschland aufgerufen, Entwicklungen im Auge zu behalten, die zu einer vorherrschenden Meinungsmacht führen könnten. Es verstehe sich deshalb von selbst, dass der Verkauf eines großen Teils der Kabelnetze der Telekom an ein Unternehmen Aufmerksamkeit auf sich ziehen müsse. Die Direktoren der Landesmedienanstalten wiesen in diesem Zusammenhang darauf hin, dies müsse gerade deshalb gelten, weil Liberty Media nach eigenem Bekunden eine Marktführerschaft anstrebe, die in der Größenordnung über den nun getätigten Kauf hinausgehe. Falls sich im weiteren Verlauf die Notwendigkeit ergeben sollte, offene medienrechtliche Fragen und Sachlagen durch den Gesetzgeber klären zu lassen, müsse das als Beitrag zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung verstanden werden. Je früher entsprechende Klarstellungen erfolgten, desto sicherer ließen sich wirtschaftlich belastbare Entscheidungen treffen, meinte die DLM.
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