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13.09.2001; 15:02 Uhr
Buchverleger fordern Bundestag auf, Urheberrechtsreform zu überdenken
Verlage sehen sich in Existenz bedroht - Gesetzentwurf "unsinnig, untauglich und in Teilen geradezu absurd"

Die deutschen Buchverleger haben den Bundestag aufgefordert, die geplante Urheberrechtsreform noch einmal zu überdenken. In einem offenen Schreiben, das am 13.9.2001 in mehreren großen Tageszeitungen erschien, warnten fast 130 Verlage die Abgeordneten, die von Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) vorgeschlagenen Änderungen bedrohten die Existenz vieler deutscher Verleger. Der unternommene Versuch, das Verhältnis zwischen Urhebern und Verlagen gesetzlich zu regeln, sei unsinnig und schade allen Beteiligten. Die Unterzeichner meinten, künstlerische Leistungen würden sich nie mit einem starren Regelwerk bewerten lassen. Die Verlage nannten den Gesetzentwurf in ihrer Stellungnahme "unsinnig, untauglich und in Teilen geradezu absurd" und sprachen von einem Rückfall "in die Regulierungswut längst vergangener Zeit". Vor den Buchverlegern hatten bereits die Zeitungs- und Zeitschriftenverlage, die privaten und öffentlichen Rundfunksender und die deutschen Bühnen zum Teil heftige Kritik an dem Gesetzesvorschlag geäußert.

Die Kritik der Buchverleger richtet sich vor allem gegen den gesetzlichen Anspruch auf angemessene Vergütung, den der Gesetzentwurf neu in das deutsche Urheberrecht übernehmen will. Die Verlage warnten, der Begriff der "angemessenen Vergütung" sei so unscharf und verschwommen, dass er in der Praxis nicht anwendbar sei. Die Neuregelungen würden den Verlagen jede Rechtssicherheit nehmen, weil alle Verträge zwischen Urhebern und Verwertern im Nachhinein gerichtlich auf ihre Angemessenheit überprüft werden könnten. Die Reform zwinge dadurch bei den Verlagen zu Rückstellungen in Größenordnungen, die gerade kleine, unabhängige Häuser nicht leisten könnten. Der Gesetzentwurf würde dadurch zu einer noch größeren Konzentration im deutschen Verlagswesen führen. Die Verleger warfen der Bundesjustizministerin außerdem vor, ihr Gesetzesvorschlag sei kulturfeindlich, weil er die Verlage aus juristischen und finanziellen Gründen gerade bei kulturell wertvollen, aber ökonomisch schwierigen Werken zur Zurückhaltung zwinge.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Urheberrechtsreform ist in der deutschen Verwertungswirtschaft bisher auf einhellige Ablehnung gestoßen. Vor den Buchverlagen hatten bereits die Zeitungs- und Zeitschriftenverleger das Gesetzesvorhaben der Bundesregierung kritisiert. Der Präsident des Verbands der deutschen Zeitschriftenverleger (VDZ), der Verleger Hubert Burda, nannte die Novelle einen "Rückfall in die dirigistische Steinzeit", gegen den alle Befürworter der Marktwirtschaft vorgehen müssten. Der Bundesverband der Deutschen Zeitungsverleger (BDZV) bezeichnete den Entwurf als "völlig unannehmbar" und warnte, das Gesetz führe zu einer Rechts- und Planungsunsicherheit, mit der kein Unternehmen arbeiten könne. Erhebliche Bedenken gegen die vorgeschlagenen Neuregelungen hat auch der Bundesrat geäußert. Die Bundesländern forderten die Bundesregierung Mitte Juli 2001 auf, eine Reihe von Fragen in Zusammenhang mit dem Gesetzesvorschlag zu überprüfen. Ausschüsse der Länderkammer hatten den Gesetzentwurf im Vorfeld als "inhaltlich nicht ausgereift" bezeichnet und die Befürchtung geäußert, bei Inkrafttreten der Regelungen drohten "nicht abschätzbare Folgen für die betroffenen Wirtschaftskreise".

Die Bundesregierung hat ihren Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern am 1.6.2001 ins Gesetzgebungsverfahren eingebracht, am 28.6.2001 wurde er im Bundestag in erster Lesung beraten. Nach dem Gesetzesvorschlag können Urheber von jedem, der berechtigterweise ihre Werke nutzt, eine nach Art und Umfang der Werknutzung "angemessene Vergütung" und die zu ihrer Geltendmachung erforderlichen Auskünfte verlangen. Die Höhe der Vergütung regelt der Gesetzentwurf nicht. Die Angemessenheit eines Nutzungsentgelts soll nach dem Entwurf aber vermutet werden, wenn das Entgelt in einem Tarifvertrag oder in "gemeinsamen Vergütungsregeln" festgelegt ist. Aufgestellt werden sollen diese gemeinsamen Vergütungsregeln von Urheber- und Werknutzervereinigungen, die "repräsentativ, unabhängig und zur Aufstellung ermächtigt" sein sollen. Im Streitfall soll über die Regeln ein Schiedsgericht entscheiden, gegen dessen Beschluss den Beteiligten die Klage zu den ordentliche Gerichten offen stehen soll. Verjähren sollen die gesetzlichen Vergütungsansprüche drei Jahre nach Kenntnis des Urhebers von ihrem Entstehen, ohne Rücksicht auf diese Kenntnis in zehn Jahren nach diesem Zeitpunkt.

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