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10.10.2001; 16:29 Uhr
NRW will seine Zugangsanbieter zur Sperrung ausländischer Internetangebote zwingen
Vor allem rechtsextremistische Seiten sollen blockiert werden - Behörde hofft auf Einigung mit Providern

Im Kampf gegen strafbare Inhalte im Internet will Nordrhein-Westfalen die Zugangsanbieter im größten deutschen Bundesland zur Sperrung ausländischer Internetangebote zwingen. Die Bezirksregierung Düsseldorf als zuständige Behörde nach dem Mediendienstestaatsvertrag (MdStV) leitete am 10.10.2001 ein entsprechendes Verfahren gegen 56 nordrhein-westfälische Internetprovider ein. Nicht mehr durchleiten sollen die Unternehmen vor allem Internetseiten rechtsextremistischer Vereinigungen aus den USA, die fremdenfeindliche, gewaltverherrlichende und jugendgefährdende Inhalte verbreiten. Regierungspräsident Jürgen Büssow (SPD) verwahrte sich dabei von vornherein gegen Vorwürfe, man beschneide mit diesem Vorgehen Bürgerrechte. "Es ist kein unzulässiger Eingriff in die Meinungs- und Informationsfreiheit der Bürger, wenn im Internet strafbare Inhalte nicht mehr zugänglich sind, die auch durch kein anderes Medium verbreitet werden dürfen", meinte Büssow. Nachdem von den Behörden vor allem in den Vereinigten Staaten keine Rechtshilfe zu erwarten sei, bleibe gar nichts anderes übrig, als von der gesetzlichen Ermächtigung in § 18 Absatz 3 des MdStV Gebrauch zu machen. Er hoffe aber, dass es zu einer gütlichen Übereinkunft mit den Zugangsanbietern käme. Eine Anhörung der betroffenen Provider soll am 13.11.2001 in Düsseldorf stattfinden.

Der Kampf deutscher Behörden gegen Rechtsextremismus und Pornographie im Internet ist schwierig, weil viele Inhalte, die nach deutschem Recht strafbar sind, im Ausland vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt sind. Vor allen Dingen in den Vereinigten Staaten können Rechtsextremisten unter Berufung auf die von der US-Verfassung garantierte "freedom of speech" im Internet ungehindert Juden und Ausländer verhöhnen, Krieg und Gewalt verherrlichen und die Verbrechen der deutschen Nationalsozialisten während des Dritten Reichs leugnen oder verharmlosen. In einigen skandinavischen und asiatischen Ländern wiederum wird wesentlich weniger streng gegen Kinderpornographie vorgegangen als das in Deutschland der Fall ist. Folge davon ist, dass die Anbieter entsprechender Inhalte ihre Seiten auf Rechnern in diesen Ländern ablegen, von wo aus sie anschließend weltweit abgerufen werden können. Um diesem Missstand abzuhelfen, haben einige deutsche Bundesländer schon vor längerem angekündigt, künftig auch die Zugangsanbieter in die Pflicht zu nehmen, die lediglich den Zugang zu den im Ausland abgelegten fremden Inhalten vermitteln. Nordrhein-Westfalen hatte bereits Ende Mai 2001 gewarnt, wenn das Vorgehen gegen Inhalteanbieter und deren Diensteanbieter ohne Erfolg bleibe, müsse man auch auf der Zugangsebene eingreifen. Die gesetzlichen Grundlagen dafür seien seit langem vorhanden.

Nach § 5 Absatz 3 des MdStV sind Anbieter für fremde Inhalte, zu denen sie lediglich den Zugang zur Nutzung vermitteln, nicht verantwortlich. Bei Rechtsverstößen sind die zuständigen Behörden gehalten, vorrangig gegen die Anbieter und die Betreiber der Rechner, auf denen die rechtswidrigen Angebote vorgehalten werden, vorzugehen. Falls sich solche Maßnahmen aber als nicht durchführbar oder nicht durchführbar erweisen, ermöglicht es § 18 Absatz 3 des MdStV aber, Maßnahmen zur Sperrung auch gegen reine Zugangsvermittler zu richten. Voraussetzung ist allerdings, dass eine Sperrung technisch möglich und zumutbar ist.

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