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08.11.2001; 17:36 Uhr
Yahoo dürfte Nazi-Auktionen weiter auch für Franzosen anbieten
US-Gericht: Französische Gerichtsentscheidungen in den USA nicht vollstreckbar

Das US-amerikanische Internetauktionshaus Yahoo dürfte Auktionen mit Erinnerungsstücken an das Dritte Reich weiter auch für französische Staatsbürger anbieten. Ein US-Bezirksgericht im kalifornischen Sunnyvale entschied am 6.11.2001 im Berufungsverfahren, das Unternehmen sei nicht verpflichtet, entsprechende Angebote für Besucher aus Frankreich zu blockieren. Entscheidungen französischer Gerichte, die Yahoo unter Androhung empfindlicher Geldbußen zur Sperrung solcher Auktionen aufgefordert hatte, seien in den USA nicht vollstreckbar. Richter Jeremy Fogel erklärte, das von der US-Verfassung geschützte Recht auf freie Meinungsäußerung ("freedom of speech") könne durch ausländische Rechtsordnungen nicht eingeschränkt werden. US-amerikanische Unternehmen müssten ausländisches Recht auch dann nicht beachten, wenn ihre Internetangebote weltweit abgerufen werden könnten. Yahoo hatte im Streit mit den französischen Behörden bereits Anfang 2001 eingelenkt und Auktionen mit Gegenständen, die zu Hass und Gewalt anstacheln, gesperrt. Das Konkurrenzunternehmen ebay hatte sich diesem Schritt wenig später angeschlossen. Die Auktionshäuser befürchteten aber, in Zukunft Forderungen aus weiteren Ländern ausgesetzt zu sein.

Im Jahr 2000 war bekannt geworden, dass auf den Seiten von Yahoo in großem Umfang Gegenstände mit Hakenkreuzen oder anderen nationalsozialistischen Symbolen versteigert wurden. Im Angebot waren außer NSDAP-Fahnen beispielsweise Ausgaben von Adolf Hitlers "Mein Kampf", aber auch Kultgegenstände des nordamerikanischen Ku-Klux-Klan. Französische Menschenrechtsgruppen setzten sich daraufhin bei den Behörden dafür ein, dass die Seiten des Internetauktionshauses in Frankreich gesperrt werden sollten. Im November 2000 erließ ein Pariser Gericht daraufhin eine Entscheidung, nach der Yahoo die umstrittenen Auktionen jedenfalls für französische Staatsbürger sperren sollte. Für den Fall der Zuwiderhandlung drohten die Richter dem Unternehmen nach Ablauf einer dreimonatigen Frist ein Ordnungsgeld von 100.000 Francs (rund 30.000 Mark) pro Tag an. Yahoo hatte sich vor Gericht erfolglos darauf berufen, die Richter seien für die Entscheidung nicht zuständig. Die Blockadepflicht verletze außerdem das Recht auf freie Meinungsäußerung. Das Unternehmen drang damit aber genau so wenig durch wie mit dem Argument, die Sperrung der Seiten nur für französische Surfer sei technisch nicht möglich. Das Pariser Gericht stellte sich auf den Standpunkt, durch Überprüfung der IP-Adressen der Besucher könne zumindest der größte Teil der Besucher aus Frankreich ausgesperrt werden.

Der Kampf gegen Rechtsextremismus und Pornographie im Internet ist schwierig, weil viele Inhalte, die nach dem Recht eines Landes strafbar sind, in anderen Ländern vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt sind. Vor allen Dingen in den Vereinigten Staaten können Rechtsextremisten unter Berufung auf die von der US-Verfassung garantierte "freedom of speech" im Internet ungehindert Juden und Ausländer verhöhnen, Krieg und Gewalt verherrlichen und die Verbrechen der deutschen Nationalsozialisten während des Dritten Reichs leugnen oder verharmlosen. In einigen skandinavischen und asiatischen Ländern wiederum wird wesentlich weniger streng gegen Kinderpornographie vorgegangen als das in Deutschland der Fall ist. Folge davon ist, dass die Anbieter entsprechender Inhalte ihre Seiten auf Rechnern in diesen Ländern ablegen, von wo aus sie anschließend weltweit abgerufen werden können. Um diesem Missstand abzuhelfen, haben einige deutsche Bundesländer schon vor längerem angekündigt, künftig auch die Zugangsanbieter in die Pflicht zu nehmen, die lediglich den Zugang zu den im Ausland abgelegten fremden Inhalten vermitteln. Nordrhein-Westfalen hatte bereits Ende Mai 2001 gewarnt, wenn das Vorgehen gegen Inhalteanbieter und deren Diensteanbieter ohne Erfolg bleibe, müsse man auch auf der Zugangsebene eingreifen. Die gesetzlichen Grundlagen dafür seien seit langem vorhanden.

[IUM/jz]

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