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16.08.2011; 13:02 Uhr
LG München I: Fremdsprachenausgabe mit Vokabelbeilage stellt eigene Nutzungsart dar
Unterscheidung von Nutzungsarten im Buchmarkt nach Ausstattung der Werkstücke und angesprochenen Kundenkreisen

Das LG München I hat entschieden, dass die Fremdsprachenausgabe eines Romans mit Vokabelbeilage eine eigene, dinglich von der unkommentierten Ausgabe abspaltbare Nutzungsart darstellt (Urteil vom 13. Juli 2011, Az. 7 O 13109/11, Veröffentlichung in ZUM/-RD folgt). Der Erschöpfungsgrundsatz tritt dementsprechend nur hinsichtlich der bereits in Verkehr gebrachten unkommentierten Ausgabe ein. Die Verfügungsklägerin hat das ausschließliche Recht, eine Schulbuchausgabe des streitgegenständlichen Werkes zu verlegen. Zuvor war ihr ein einfaches Recht an einer unkommentierten Werkausgabe erteilt worden, welches sie auch wahrnahm. Die Verfügungsbeklagte verlegte die unkommentierte Ausgabe der Verfügungsklägerin, fügte ihr ein 45-seitiges Vokabelheft bei und überklebte die ISBN-Nummer mit einem Sticker, der ihren Namen und eine eigene ISBN-Nummer aufweist.

Wie das LG München ausführt, ist es im Buchmarkt üblich, das Verbreitungsrecht nach Art und Aufmachung von Werken aufzuspalten. Entscheidend sei, dass die Werke von der Verkehrsauffassung typenmäßig getrennt betrachtet werden. Für eine »technische Abtrennbarkeit genügten bereits Ausstattungsunterschiede (Hardcover/Taschenbucheinband) und für die wirtschaftliche Unterscheidbarkeit bereits unterschiedliche angesprochene Kundenkreise (Hardcovernutzung im hohen Preissegment/Taschenbuchausgabe im niederpreisigen Marktsegment/Buchclubausgabe zu Vorzugspreisen)«. Hier ändere die Vokalbeilage den Charakter vom normalen Taschenbuch zur primär für den Schulgebrauch bestimmten Ausgabe. Für eine solche Ausgabe sei auch das »Bestehen eines eigenen Marktes durchaus anzunehmen«, da sie für den Unterricht an Schulen, Volkshochschulen, Sprachinstituten etc. bestimmt sei. Das LG München I misst der wirtschaftlichen Unterscheidbarkeit höhere Bedeutung bei als der technischen. Daher verfange auch nicht das Argument der Verfügungsbeklagten, die äußere Aufmachung ihrer Ausgabe sei von der unkommentierten Ausgabe der Verfügungsklägerin nicht leicht zu unterscheiden. Die Vokabelbeilage erziele denselben Effekt wie Vokabelerläuterungen in Fußnoten, welche ebenfalls nicht leicht anhand der Aufmachung erkennbar sein müssten.

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