mobiles Menü Institut für Urheber- und Medienrecht
17.01.2012; 15:45 Uhr
Britischer Verleger will kommentierte Auszüge von »Mein Kampf« veröffentlichen
Bayerisches Finanzministerium prüft rechtliche Schritte

Der britische Verleger, Peter McGee, will Onlineberichten zufolge in drei Ausgaben der gedruckten Sammeledition »Zeitungszeugen« jeweils ein 15-seitiges Booklet mit kommentierten Auszügen aus Hitlers Hetzschrift »Mein Kampf« veröffentlichen. Das »Zeitungszeugen«-Projekt stellt seit 2009 mit kommentierten Nachdrucken von historischen Zeitungsseiten die Presselandschaft in Deutschland aus der Zeit des Nationalsozialismus dar. Das Bayerische Staatsministerium für Finanzen verwaltet das nach Ende des Zweiten Weltkrieges auf den Freistaat Bayern übergegangene Vermögen und die Lizenzen des Zentralverlages der NSDAP, Franz-Eher-Verlag, unter dem u.a. »Mein Kampf« veröffentlicht wurde. Die erste Ausgabe der Hitler-Booklets sei bereits für den 26. Januar 2012 geplant. Sie sollen in einer Auflage von 100.000 Stück erscheinen, berichtet der »Focus«. Auf der rechten Seite soll der Originaltext stehen, auf der linken Seite der entsprechende Kommentar. Das Bayerische Finanzministerium prüfe derzeit eine Zulässigkeit der Veröffentlichung unter dem Gesichtspunkt der Kleinzitatsregelung des § 51 Nr. 2 UrhG. Auf diese sollen sich die Macher der »Zeitungszeugen« berufen, wie auch der »STERN« meldet. Verlagssprecher Alexander Luckow betone, das Urheberrecht beziehe sich auf die Veröffentlichung im Ganzen. Das nachzudrucken hätten die »Zeitungszeugen« keinesfalls die Absicht. »Unser Projekt ist fern des Verdachts, ein rechtsideologisches Produkt zu sein«, so Luckow. Herausgeber der »Zeitungszeugen« McGee betonte gegenüber dem »Spiegel«, »Mein Kampf« sei ein extrem mieses Buch. »Es ist längst überfällig, dass eine breite Öffentlichkeit die Möglichkeit bekommt, sich mit dem Originaltext auseinanderzusetzen«.

Der Freistaat Bayern ist bereits im Jahr 2009 gerichtlich gegen die Veröffentlichung der Nachdrucke von Nazi-Hetzblättern in »Zeitungszeugen« vorgegangen. Damals ging es um Nachdrucke der Nazi-Zeitungen »Völkischer Beobachter« und der »Der Angriff« aus dem Jahr 1933. Der Freistaat Bayern ist damals mit den geltend gemachten Unterlassungsansprüchen weitgehend unterlegen. Den Herausgebern der Zeitungen Hitler und Goebbels stünden mangels eigener schöpferischer Leistung keine Urheberrechte zu, die der Freistaat für sich nutzbar machen könnte, so die Begründung des LG München I. Soweit dem Franz-Eher-Verlag selbst nach damaligen Recht Urheberrechte zukamen, seien diese 70 Jahre nach Erstveröffentlichung der jeweiligen Zeitungen und damit für die Jahrgänge 1933-1938 abgelaufen. Für die Jahrgänge ab 1939 gaben die Richter dem Unterlassungsbegehren statt. Das OLG München bestätigte diese Entscheidung (vgl. Meldungen vom 25. März 2009 und 5. Oktober 2009). 

Die Urheberrechte an »Mein Kampf« laufen 2015 aus. Laut Onlineberichten arbeite das Institut für Zeitgeschichte in München bereits seit vergangenem Jahr an einer kommentierten »Mein Kampf«-Ausgabe, die in der Zeit nach 2015 veröffentlicht werden soll.

Dokumente:

Institutionen:

[IUM/ct]

Permanenter Link zu dieser News Nr. 4478:

https://www.urheberrecht.org/news/4478/


Zurück zur Liste


Der kostenlose Service unserer Online-Redaktion.

Das IUM dokumentiert die politischen und rechtlichen Entwicklungen aus dem Bereich des Urheber- und Medienrechts und gibt einen tagesaktuellen Newsletter heraus. Dieser informiert über neue Gerichtsentscheidungen und laufende Gesetzgebungsverfahren und ist dabei dem Gebot strikter Neutralität verpflichtet. Fördermitglieder erhalten den Newsletter vorab per E-Mail. Sein Inhalt wird hier dokumentiert.

Hier können Sie sich für den IUM Newsletter anmelden!

Gerne schicken wir Ihnen auch alle aktuellen Informationen per Mail.