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22.11.2001; 16:52 Uhr
BGH: Anrufe bei Telefonsex-Nummern müssen bezahlt werden
Telefondienstvertrag "wertneutral" - Sittenwidrigkeit der Sexangebote offengelassen

Gebühren für Anrufe bei sogenannten Telefonsex-Nummern müssen bezahlt werden. Das entschied am 22.11.2001 der für das Dienstvertragsrecht zuständige dritte Senat des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe (Az. III ZR 5/01). Ein anderslautendes Urteil eines Berufungsgerichtes hob der Senat auf. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, der zwischen dem Inhaber eines Telefonanschlusses und dem Betreiber des benutzten Telefonnetzes geschlossene Vertrag sei grundsätzlich wertneutral. Die Frage, ob der davon zu unterscheidende Vertrag mit dem Anbieter der Telefonsex-Nummer über die Nutzung des Angebots sittenwidrig und damit unwirksam sei, liess das Gericht entgegen seiner bisherigen Rechtsprechung ausdrücklich offen. Der BGH wies aber darauf hin, die Frage der Sittenwidrigkeit solcher Verträge stelle sich jedenfalls dann neu, wenn das vom Bundestag bereits beschlossene Gesetz zur Verbesserung der rechtlichen und sozialen Situation der Prostituierten in Kraft treten sollte.

Im Fall hatte ein Mobilfunkunternehmen eine Kundin verklagt, weil von deren Anschluss aus Gespräche in Höhe von mehr als 20.000 Mark geführt worden waren. Der Großteil dieses Rechnungsbetrages entfiel auf Telefonsex-Nummern. Die Beklagte weigerte sich, die Rechnung zu begleichen. Sie berief sich darauf, ihr Vater habe von ihrem Handy aus die strittigen Gespräche geführt, um sogenannten Telefonsex zu betreiben. Die entsprechenden Verträge seien deshalb wegen Sittenwidrigkeit unwirksam. Die Klägerin verwies soweit auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der in einer Entscheidung vom Juni 1998 einen ähnlichen Standpunkt vertreten hatte. In der Berufungsinstanz hatte die Klägerin deshalb auch größtenteils Recht erhalten, die Klage wurde weitgehend abgewiesen.

Der BGH liess diese Argumente nun nicht gelten. Er führte aus, der der Abrechnung zu Grunde liegende Dienstvertrag sei wertneutral. Der Netzbertreiber verpflichte sich gegenüber dem Anschlussinhaber lediglich zum Herstellen und Aufrechterhalten einer Gesprächsverbindung und habe keinen Einfluss darauf , zu welchen Zwecken der Anruf erfolge. Der Inhalt der geführten Gespräche sei für den Netzbetreiber nicht kontrollierbar und gehe ihn auch nichts an, meinten die Bundesrichter. Auch nach den im Fall einschlägigen Vorschriften des Teledienstegesetzes (TDG) sei im allgemeinen nur der Diensteanbieter selbst, nicht aber auch der Netzbetreiber für den Inhalt der Sondernummern verantwortlich. Dass müsse auch bei der Frage der bürgerlich-rechtlichen Wirksamkeit der betroffenen Verträge berücksichtigt werden. Nach Auffassung des Senats ändert daran auch der Umstand nichts, dass für Telefonsex-Nummern regelmäßig ein deutlich höheres Verbindungsentgelt fällig wird. Das höhere Entgelt ergebe sich im Verhältnis zum Netzbetreiber nicht aus dem Inhalt des Gesprächs, sondern aus der Art der Nummer und den jeweiligen Preislisten.

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