Bundeskartellamt hat anscheinend Bedenken gegen Pläne von Liberty Media
Das Bundeskartellamt hat anscheinend Bedenken gegen die Übernahme von sechs regionalen Kabelnetzen der Deutschen Telekom durch Liberty Media. Die Berliner Zeitung (BZ) meldet am 26.11.2001, der Präsident des Bundeskartellamts, Ulf Böge, sehe offenbar "kaum noch Chancen" für den geplanten Einstieg des US-Unternehmens in den deutschen Fernsehkabelmarkt. Grund für die Vorbehalte der Wettbewerbshüter seien vor allem Ankündigungen von Liberty Media-Chef John Malone, außer den Kabelnetzen nun auch eine Minderheitsbeteiligung an Kirchs Bezahlfernsehsender Premiere World erwerben zu wollen. In den vergangenen Tagen hatten bereits die Kirch-Gruppe und der Bertelsmann-Konzern beim Bundeskartellamt Einwände gegen den Verkauf der Kabelnetze an Liberty Media vorgebracht. Die beiden Unternehmen befürchten eine Beschränkung des Zugangs zum Kabelmarkt, falls die Bonner Behörde das Geschäft nicht untersagt. Gegen den Einstieg des US-Unternehmens in Deutschland sind auch ARD und ZDF. Die Rundfunkanstalten kritisieren vor allem, dass Liberty Media beim Ausbau der deutschen Kabelnetze aus Kostengründen nicht den offenen Fernsehstandard Multimedia Home Platform (MHP) verwenden will, auf den sich ARD, ZDF, Kirch-Gruppe und die Landesmedienanstalten im September 2001 geeinigt haben. Eine Entscheidung des Bundeskartellamts in der Angelegenheit wird für Anfang Januar 2002 erwartet.
Nach dem Bericht der BZ hatte das Bundeskartellamt anscheinend vorübergehend in Betracht gezogen, die Übernahme der Kabelnetze durch Liberty Media nach der sogenannten Aufwiegungsklausel zu genehmigen. Nach dieser Vorschrift des deutschen Kartellrechts kann die marktbeherrschende Stellung eines Unternehmens ausnahmsweise hingenommen werden, wenn die dadurch verursachte Einschränkung des Wettbewerbs durch Verbesserungen der Wettbewerbsbedingungen an anderer Stelle aufgewogen wird. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn durch die Übernahme eines Unternehmens auf einem Markt in benachbarten Märkten mehr Wettbewerb entstehe. Nach Darstellung der BZ hatte das Bundeskartellamt insoweit scheinbar darauf gehofft, die Pläne von Liberty Media, über die auf digitale Technik umgestellten Kabelnetze auch Internetzugänge und Sprachtelefonie anzubieten, könnten für mehr Wettbewerb im immer noch von der Deutschen Telekom beherrschten Telefonortsnetz führen. Nachdem Liberty Media allerdings angekündigt habe, sich bei Kirchs Pay-TV-Sender Premiere World einzukaufen, hätte die Behörde nun "Schwierigkeiten", die Aufwiegungsklausel zu Gunsten des US-Unternehmens einzusetzen, schreibt die BZ. Liberty Media hatte bereits Mitte November 2001 beim Bundeskartellamt Pläne angemeldet, von Rupert Murdochs Unternehmen BSkyB einen Anteil von gut 22 Prozent an Premiere World übernehmen zu wollen.
Liberty Media hat sich Anfang September 2001 mit der Deutschen Telekom über die Übernahme von sechs regionalen Kabelnetze geeinigt. Das US-Medienunternehmen bekäme mit dem Kauf Zugriff auf mehr als zehn Millionen angeschlossene Haushalte, die etwa 40 Prozent des deutschen Kabelmarktes ausmachten. Der vereinbarte Kaufpreis von 5,5 Milliarden Euro (etwa 10,8 Milliarden Mark) wird allerdings nur fällig, wenn das Bundeskartellamt die Übernahme genehmigt. Falls das Geschäft zustande kommt, will Liberty Media nach eigenen Angaben in den nächsten Jahren jährlich bis zu 1,9 Milliarden Mark (ca. eine Milliarde Euro) in den Ausbau der Kabelnetze und den in den Aufbau neuer Angebote stecken. Dabei sollen in Deutschland rund 10.000 neue Stellen geschaffen werden, unter anderem in München, wo die Deutschland-Zentrale des Unternehmens angesiedelt werden soll. Liberty Media will die Breitbandnetze auf Digitaltechnik umstellen und dort ab Sommer 2002 40 zusätzliche Fernsehprogramme, Internetzugang per Kabel und interaktives Fernsehen anbieten. Die monatliche Gebühr dafür soll zwischen 20 und 30 Mark liegen, einschließlich der Miete für den zur Nutzung der Angebote erforderlichen Dekoder. Das Unternehmen rechnen nach eigenen Angaben damit, dass es etwa ein halbes Jahr dauern wird, bis die benötigten rund zehn Million Dekoder beschafft sind.
Institutionen:
Permanenter Link zu dieser News Nr. 470:
https://www.urheberrecht.org/news/470/
Der kostenlose Service unserer Online-Redaktion.
Das IUM dokumentiert die politischen und rechtlichen Entwicklungen aus dem Bereich des Urheber- und Medienrechts und gibt einen tagesaktuellen Newsletter heraus. Dieser informiert über neue Gerichtsentscheidungen und laufende Gesetzgebungsverfahren und ist dabei dem Gebot strikter Neutralität verpflichtet. Fördermitglieder erhalten den Newsletter vorab per E-Mail. Sein Inhalt wird hier dokumentiert.
Hier können Sie sich für den IUM Newsletter anmelden!
Gerne schicken wir Ihnen auch alle aktuellen Informationen per Mail.