Gewerkschaften halten neues Urhebervertragsrecht für verfassungsgemäß
Die Pläne der Bundesregierung zur Neuregelung des Urhebervertragsrechts sind verfassungsgemäß und entsprechen den Vorgaben der EU-Urheberrechtsrichtlinie. Zu diesem Schluss kommt ein Gutachten des Staatsrechtlers Bernhard Schlink und seines Kollegen Ralf Poscher, das der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) und die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) am 9.1.2002 gemeinsam in Berlin vorlegten. Schlink wies bei Vorstellung des Papiers den Vorwurf zurück, der umstrittene Gesetzentwurf verletze die Koalitions- oder die Vertragsfreiheit. Der Professor betonte, der Gesetzesvorschlag von Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) enthalte keine tarifvertraglichen oder tarifvertragsähnlichen Bestimmungen. Auch regele er weder dienst- noch arbeitsrechtliche Fragen. Die Novellierung des Urhebervertragsrechts solle lediglich sicherstellen, dass in Zukunft auch urheberrechtliche Verträge von den Gerichten auf ihre Angemessenheit überprüft werden könnten, meinte Schlink. Das sei ein integraler Bestandteil der Rechtsordnung. Die entsprechenden Regelungen seien auch erforderlich und verhältnismäßig. Vertreter der beiden Gewerkschaften schlossen sich dem an. Nur der von der Bundesregierung eingeschlagene Weg könne eine angemessene Vergütung für die Arbeit von Urhebern und bildenden Künstlern sicherstellen.
Die Bundesregierung hat ihren Gesetzentwurf zur Neuregelung des Urhebervertragsrechts am 1.6.2001 ins Gesetzgebungsverfahren eingebracht, am 28.6.2001 wurde er im Deutschen Bundestag in erster Lesung beraten. Im Mittelpunkt der Änderungsvorschläge steht die Schaffung eines gesetzlichen Anspruchs der Urheber auf angemessene Vergütung. Die Höhe des Anspruchs soll sich nach Vergütungsregeln richten, die Urheber- und Werknutzervereinigungen gemeinsam aufstellen sollen. Auf heftigen Widerstand der Verwertungswirtschaft ist es vor allem gestoßen, dass Gerichte verbindlich über die Vergütungsregeln entscheiden sollen, falls sich Urheber und Werknutzer nicht einigen. Die Verwerter betrachten das als verfassungswidrigen Eingriff in ihre Vertrags- und Koalitionsfreiheit. Außerdem stehen die Regelungen ihrer Auffassung nach im Widerspruch zu europäischem Wettbewerbsrecht. Nachdem auch der Bundesrat erhebliche Bedenken gegen den Gesetzentwurf geäußert hatte, kündigte Däubler-Gmelin im November 2001 eine Überarbeitung der Vorschläge an, die den Bedenken der Verwertungswirtschaft in großem Umfang Rechnung tragen werde. Die abschließende Beratung des Gesetzesvorhabens im Rechtsausschuss des Bundestages wurde anschließend allerdings mehrmals verschoben. Nach jetzigem Stand soll der Ausschuss in der dritten Januarwoche 2002 über die Vorlage entscheiden, die zweite und dritte Lesung des Gesetzentwurfs im Plenum ist für den 24.1.2002 geplant.
Dokumente:
- Gutachten von Prof. Bernhard Schlink u. Dr. Ralf Poscher v. Januar 2002
- Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern (Regierungsentwurf zum Urhebervertragsrecht) v. 30.5.2001
- EU-Richtlinie zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (EU-Urheberrechtsrichtlinie), 2001/29/EG, konsolidierte Fassung
Institutionen:
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