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22.01.2002; 16:08 Uhr
Schriftsteller drängen auf Verabschiedung des neuen Urhebervertragsrechts
Offener Brief an Schröder - "Kreativität muss sich auch für Kreative lohnen"

Wenige Tage vor der Entscheidung über das neue Urhebervertragsrecht drängen die deutschen Schriftsteller die Bundesregierung, sich nicht dem Druck der Verwerter zu beugen und das umstrittene Gesetzesvorhaben wie geplant am 25.1.2002 im Bundestag verabschieden zu lassen. Kreativität müsse sich auch für die Kreativen lohnen, appellierte der Verband deutscher Schriftsteller (VS), das deutsche PEN-Zentrum (PEN) und die Aktion für mehr Demokratie am 22.1.2002 in einem offenen Brief an Bundeskanzler Gerhard Schröder, Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (beide SPD) und die Regierungsfraktionen. Der vom Bundesjustizministerium vor kurzem vorgelegte Kompromissvorschlag sei in sorgfältigen und ausführlichen Beratungen zustande gekommen und für die Urheber "schmerzlich genug". Der Kompromiss werde mit Ausnahme der Verlage auch von der gesamten deutschen Verwertungswirtschaft akzeptiert. Die Vorwürfe der Verleger, die Bundesregierung begehe mit den neuen Vorschlägen "Wortbruch", bezeichneten die Schriftstellerverbände als "skandalös und politisch instinktlos". Die deutschen Verlage hatten wenige Tage zuvor gefordert, die Abstimmung über die Urheberrechtsreform im Bundestag abzusetzen. Die neuen Vorschläge entsprächen weder dem ursprünglichen Regierungsentwurf noch den umfangreichen Zugeständnissen, die Däubler-Gmelin der Verlagswirtschaft im Herbst 2001 versprochen hatte. ARD, ZDF und die privaten Rundfunksender Deutschlands haben sich den Forderungen der Verleger mittlerweile angeschlossen.

Die Schriftstellerverbände klagten in ihrem offenen Brief, die ablehnende Haltung der Verleger gegenüber Reformen zu Gunsten der Urheber habe Tradition. Ginge es nach den Verlagen, gäbe es noch heute nicht die geringste soziale Sicherheit für Künstler und Schriftsteller. Die Verlage hätten bereits das Künstlersozialversicherungsgesetz und das Folgerecht des Urhebers kompromisslos bekämpft. Auch bei der Diskussion über die Neuregelung des Urhebervertragsrechts ginge es den Verlegern nicht um tragfähige Kompromisse, warnten die Unterzeichner des Schreibens. Der Gesetzgeber habe schon 1985 versprochen, die wirtschaftlichen Verhältnisse vor allem von Schriftstellern und Übersetzern zu stabilisieren. Eine Reform des Urhebervertragsrechts sei dafür dringend erforderlich. Die Schriftstellerverbände wandten sich in ihrem Schreiben auch gegen die Befürchtungen der Verwerter, der Medienstandort Deutschland werde durch die neuen Regelungen im internationalen Wettbewerb benachteiligt. Sie zeigten sich zuversichtlich, dass die Bundesrepublik mit dem Gesetzesvorhaben in Europa die Meinungsführerschaft übernehmen werde. Die Verbände beriefen sich darauf, man gehe den Weg der erfolgreichen amerikanischen Filmindustrie mit ihren verbindlichen "minimum standard agreements".

Der Rechtsausschuss des Bundestags soll bereits am 23. und 24.1.2002 abschließend über die von der Bundesregierung geplante Reform des Urhebervertragsrechts beraten. Unmittelbar darauf soll am 25.1.2002 im Plenum die zweite und dritte Lesung der Urheberrechtsnovelle stattfinden. Bundesjustizministerin Däubler-Gmelin will dem Bundestag dafür noch einmal einen neuen Gesetzentwurf vorlegen. Dessen Regelungen werden voraussichtlich erheblich von dem ursprünglichen Regierungsentwurf abweichen, den Däubler-Gmelin Ende Mai 2001 vorgestellt und später auf Drängen der Urheber mehrfach revidiert hatte. Vor allem im Zusammenhang mit dem geplanten gesetzlichen Anspruch der Urheber auf angemessene Vergütung wurden nun noch einmal erhebliche Änderungen vorgenommen. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels (Börsenverein) warnte kurz nach Bekanntwerden, der neue Entwurf führe für die Verwerter zu erheblichen wirtschaftlichen Belastungen. Er setze Werknutzer außerdem noch Jahre nach Vertragsschluss Rückforderungen der Urheber aus und gefährde so schwerwiegend Rechts- und Planungssicherheit. Das würde die Bereitschaft zur Übernahme verlegerischer Risiken lähmen und zwangsläufig zu einer raschen Abwanderung intellektuellen, kulturellen und finanziellen Kapitals führen. Bedroht seien vor allem kleinere und mittlere Verlage.

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