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23.01.2002; 17:52 Uhr
Proteste der Verwerter gegen neues Urhebervertragsrecht offenbar erfolgreich
Kompromiss im Rechtsausschuss in letzter Minute - Verleger: "Sachgerecht und akzeptabel"

Die heftigen Proteste der Verwertungswirtschaft gegen das von der Bundesregierung geplante neue Urhebervertragsrecht waren offenbar erfolgreich. Die Abgeordneten von SPD und GRÜNEN legten auf der Sitzung des Rechtsausschusses des Bundestages am 23.1.2002 in letzter Minute einen Kompromissvorschlag vor, der die Bedenken der Verwerter in erheblichem Umfang aufgriff. Von den Änderungen betroffen waren nochmals der umstrittene gesetzliche Anspruch der Urheber auf angemessene Vergütung und die gerichtliche Erzwingbarkeit gemeinsamen Vergütungsregeln. Der Kompromissvorschlag wurde im Rechtsausschuss mit den Stimmen der Regierungsfraktionen verabschiedet. Auch die FDP sprach sich für die Regelungen aus. Die Abgeordneten der CDU/CSU enthielten sich aus Protest über das ihrer Meinung nach "chaotische" Gesetzgebungsverfahren der Stimme. Vertreter der Verwertungswirtschaft begrüßten die Abstimmung des Rechtsausschusses als "Durchbruch". Die Einigung setzt einen vorläufigen Schlusspunkt unter ein beispielloses öffentliches Tauziehen zwischen Urhebern und Verwertern, in dessen Verlauf der ursprüngliche Gesetzentwurf der Bundesregierung mehrere Male in wesentlichen Teilen völlig überarbeitet wurde. Abschließend beraten werden soll das Gesetzesvorhaben am 25.1.2002 im Plenum des Bundestages.

Die rechts- und kulturpolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Alfred Hartenbach und Eckhardt Bartel, betonten, durch den Kompromiss werde die Stellung der Urheber gestärkt. Gleichzeitig werde aber ein angemessener Ausgleich zwischen den Interessen von Urhebern und Verwertern geschaffen. Die Abgeordneten erklärten, mit der Einigung habe man eine über 30jährige Diskussion erfolgreich abgeschlossen. Hartenbach und Bartel verwiesen auf die breite Zustimmung, die die Lösung auch in der Medienwirtschaft finde. Der rechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Norbert Geis, erklärte dagegen, das Bundesjustizministerium sei bei der Neuregelung des Urhebervertragsrechts auf ganzer Linie gescheitert. Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) sei es in wichtigen Punkten nicht gelungen, sich gegenüber der Verwertungswirtschaft durchsetzen. Dort, wo eine Besserstellung der Urheber erforderlich wäre, sei das nicht gelungen. Geis beklagte außerdem, die ständigen Änderungsvorschläge während des Gesetzgebungsverfahrens hätten die parlamentarischen Beratungen "erheblich erschwert". Der Vorsteher des Börsenverein des Deutschen Buchhandels (Börsenverein), Dieter Schormann, bezeichnete den Kompromiss in einer ersten Stellungnahme als "sachgerecht und akzeptabel". Das Gleichgewicht zwischen den Interessen der Urheber und der Verleger werde im Gegensatz zum ursprünglichen Entwurf verbessert. Jetzt müsse sich in der Praxis zeigen, ob die Verlage tatsächlich mit dem Gesetz leben könnten.

Zu Einzelheiten des von SPD und GRÜNEN vorgelegten Kompromissvorschlags ist noch nichts bekannt. Nach einem Bericht des Börsenblatts für den Deutschen Buchhandel (Börsenblatt) vom 23.1.2002 wurden allerdings bei fast allen wichtigen Punkten des Gesetzvorhabens nochmals Änderungen vorgenommen. Für den umstrittenen gesetzlichen Anspruch der Urheber auf angemessene Vergütung sollen nun doch wieder die Umstände bei Vertragsschluss maßgeblich sein. Die Verwerter hatten Befürchtungen geäußert, ohne eine entsprechende Klarstellung möglicherweise noch Jahre nach Vertragsschluss Nachforderungen ausgesetzt zu sein. Im Gesetz soll außerdem klargestellt werden, dass Ergänzungsansprüche bei geringfügigen Abweichungen der vertraglichen Entgelte von der angemessenen Vergütung nicht geltend gemacht werden können. Damit soll verhindert werden, dass die Verwerter nach Inkrafttreten des Gesetzes von einer Flut von Klagen wegen Kleinstforderungen überschwemmt werden. Einen weiteren wichtigen Erfolg kann die Verwertungswirtschaft beim sogenannten Fairnessausgleich innerhalb von Lizenzketten verbuchen. Entgegen den Plänen des Bundesjustizministeriums soll der Vertragspartner des Urhebers diesem nun doch nicht für Erträge haften, die nicht er selbst, sondern ein Dritter berechtigterweise aus der Verwertung eines Werks zieht. Der Urheber soll sich statt dessen direkt an den Dritten halten. Größter Erfolg für die Verwerter ist allerdings, dass die im Gesetzentwurf vorgesehenen gemeinsamen Vergütungsregeln nun doch nicht gerichtlich erzwingbar sein sollen, falls keine Einigung zwischen Urheber- und Verwerterverbänden zustande kommt. Die entsprechende Regelung wurde ersatzlos gestrichen.

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