Informationsfreiheitsgesetz kommt erst in nächster Legislaturperiode
Das von der Bundesregierung geplante Informationsfreiheitsgesetz (IFG) wird aller Voraussicht nach erst in der nächsten Legislaturperiode verabschiedet werden. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, bestätigte am 9.3.2002 gegenüber der Braunschweiger Zeitung, dass das Gesetzgebungsverfahren nicht mehr wie geplant vor den Bundestagswahlen am 22.9.2002 zum Abschluss gebracht werden könne. Wiefelspütz begründete die Verzögerung mit der starken Inanspruchnahme der Innenpolitik durch die Verabschiedung von Antiterrorgesetzen, die nach dem 11.9.2001 erforderlich geworden sei, und durch den anhaltenden heftigen Streit um das Zuwanderungsgesetz. Die Koalition werde das Gesetzesvorhaben nach den Neuwahlen aber auf jeden Fall wieder aufgreifen. Der SPD-Politiker äußerte sich nur einen Tag, nachdem bekannt geworden war, dass die Bundesregierung auf Druck von Wirtschaft und Verwaltung offenbar auch bei dem geplanten Verbraucherinformationsgesetz (VIG) noch einmal erhebliche Abstriche machen will. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hatte am 8.3.2002 mitgeteilt, nach dem Willen von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sollte der in dem Gesetz geregelte Auskunftsanspruch gegenüber Behörden auf Lebensmittel beschränkt werden. Über die gesundheitliche Verträglichkeit von Textilien oder die Umweltverträglichkeit von Elektrogeräten sollten Bürger dagegen auch in Zukunft keine behördlichen Auskünfte verlangen können. Pläne, einen entsprechenden Informationsanspruch auch gegenüber Unternehmen zu schaffen, hatte die Bundesregierung bereits früher aufgegeben.
SPD und GRÜNE hatten Ende 1998 in ihrem Koalitionsvertrag die Einführung eines Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) mit einem Akteneinsichtsrechts für alle Bürger versprochen. Nach der Vereinbarung sollte jedermann das Recht erhalten, Unterlagen von Bundesbehörden einzusehen, soweit dem keine besonderen Geheimhaltungsgründe entgegenstehen. Der bisher geltende Grundsatz der Amtsverschwiegenheit würde damit weitgehend aufgegeben. Die Geheimhaltung von Verwaltungsvorgängen würde von der Regel zur begründungsbedürftigen Ausnahme. Über einen Diskussionsentwurf, den das Bundesinnenministerium (BMI) im Sommer 2001 vorlegte, ist das Vorhaben aber bisher nicht hinausgekommen. Grund für das Stocken des Gesetzgebungsverfahrens sind offenbar Widerstände in einigen Bundesministerien. Eine Reihe von Journalistenverbänden, die seit langem auf eine rasche Verabschiedung des IFG drängen, hatten Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) deshalb Anfang März 2002 aufgefordert, seine Blockadehaltung gegenüber dem Gesetzesvorhaben aufzugeben. Die Verbände warnten, Deutschland drohe bei der Informationsfreiheit das "Schlusslicht in Europa" zu werden. Fast alle westeuropäischen Nachbarn hätten ihren Bürgern bereits ein Akteneinsichtsrecht eingeräumt. Gute Erfahrungen mit entsprechenden Regelungen habe man nicht nur im Ausland gemacht, sondern auch in den Bundesländern Berlin, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, die bereits eigene Gesetze verabschiedet hätten. Befürchtungen, die Behörden könnten durch eine Antragsflut überlastet werden, hätten sich dabei als unberechtigt erwiesen.
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