Referentenentwurf zur Umsetzung der EU-Urheberrechts-RL vorgelegt
Wenige Wochen nach Verabschiedung des neuen Urhebervertragsrechts im Bundesrat geht die Diskussion um die Reform des deutschen Urheberrechts in eine neue Runde. Aus dem Bundesjustizministerium (BMJ) wurde am 20.3.2002 der lang erwarteten Referentenentwurf zur Umsetzung der EU-Urheberrechtsrichtlinie bekannt, die bis zum Endes des Jahres 2002 fällig ist. Neben der Einführung eines Rechts des Urhebers zur öffentlichen Zugänglichmachung seiner Werke enthält der Entwurf auch neue Schrankenregelungen. Die wichtigsten Neuerungen bringt der Gesetzesvorschlag allerdings im Zusammenhang mit technischen Schutzmaßnahmen und ihrem Verhältnis zu Schrankenbestimmungen, vor allem zum Recht zur Vervielfältigung urheberrechtlich geschützter Werke zu privaten Zwecken. Der Entwurf stellt einerseits klar, dass sich das sogenannte Recht zur Privatkopie auch auf digitale Vervielfältigungen erstreckt. Andererseits wird es erstmals ausdrücklich für zulässig erklärt, dass die Rechteinhaber eben diese Vervielfältigungen durch Kopierschutzvorrichtungen vereiteln. Nach dem Entwurf soll die Entfernung einer solchen Vorrichtung in Zukunft auch strafbar sein. Straffrei sollen allerdings Täter bleiben, die ausschließlich zu privaten Zwecken handeln.
Bei den Schrankenbestimmungen belässt es der Referentenentwurf bei der Einführung von zwei neuen Regelungen. Zum einen sollen flüchtige Vervielfältigungen, die wesentlicher Teil eines technischen Verfahrens sind, in Zukunft ohne Erlaubnis des Urhebers zulässig sein, wenn sie allein der Datenübertragung oder dem Werkgenuss dienen und keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung haben. Angesprochen sind damit beispielsweise Zwischenspeicherungen bei der Übertragung von Daten in Rechnernetzen. Der Entwurf setzt mit dieser Ausnahme vom ausschließlichen Vervielfältigungsrecht des Urhebers die einzige zwingende Vorgabe der EU-Urheberrechtsrichtlinie um. Zum anderen will das BMJ durch eine neue Vorschrift die Rechte von Behinderten stärken. Sie sollen in Zukunft Vervielfältigungen vornehmen dürfen, wenn das erforderlich ist, um ihnen die Wahrnehmung eines Werkes zu ermöglichen. Die Vervielfältigung darf allerdings nicht Erwerbszwecken dienen. Ausgeschlossen sein soll das Recht auch dann, wenn das Werk in entsprechender Form bereits auf dem Markt verfügbar ist. Keine wesentliche Änderungen bringt der Entwurf beim Recht zur Anfertigung von Vervielfältigungen zu privaten Zwecken, abgesehen von der Klarstellung, dass es auf die Art der Datenträger nicht ankommt. Von der Möglichkeit zur Schaffung weiterer Schrankenbestimmungen, die die EU-Urheberrechtsrichtlinie eröffnet, hat das BMJ keinen Gebrauch gemacht.
Die EU-Richtlinie zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (EU-Urheberrechtsrichtlinie) ist am 9.4.2001 vom EU-Ministerrat verabschiedet worden. Bereits vorher hatten das Europäische Parlament und die Europäische Kommission die Richtlinie gebilligt. Vorausgegangen waren jahrelange harte Verhandlungen, bei denen Verbände der europäischen Verwertungswirtschaft in bisher nie da gewesener Umfang versucht hatten, auf Kommission und Parlament Einfluss zu nehmen. Umstritten waren vor allem Art und Umfang der Ausnahmeregelungen, die die Richtlinie den nationalen Gesetzgebern gestattet. Ziel der Richtlinie ist es, die EU-Urheberrechtsgesetzgebung an neue technische Entwicklungen anzupassen und internationale Verpflichtungen zu erfüllen, die die Europäische Union 1996 mit Annahme des WIPO-Urheberrechtsvertrags und des WIPO-Vertrags über Darbietungen und Tonträger eingegangen ist. Die EU-Mitgliedsstaaten müssen die Richtlinie innerhalb von 18 Monaten in nationales Recht umsetzen.
Dokumente:
- Referentenentwurf für ein Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft v. 18.3.2002
- EU-Richtlinie zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (EU-Urheberrechtsrichtlinie), 2001/29/EG, konsolidierte Fassung
Institutionen:
Permanenter Link zu dieser News Nr. 593:
https://www.urheberrecht.org/news/593/
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