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29.09.2020; 12:29 Uhr
Recht auf Barzahlung des Rundfunkbeitrages?
EuGH-Generalanwalt stellt Schlussanträge

Das Unionsrecht sieht grundsätzlich eine Pflicht vor, bei der Begleichung von Geldforderungen Euro-Bargeld anzunehmen. Aus Gründen des öffentlichen Interesses kann ein Mitgliedsstaat jedoch auch Ausnahmen von diesem Erfordernis vorsehen. Das hat der EuGH-Generalanwalt Giovanni Pitruzzella heute in seinen Schlussanträgen festgestellt und damit zu einer Vorlage des BVerwG Stellung bezogen, welche eine abgelehnte Barzahlung des Rundfunkbeitrages zum Thema hat (C-422/19; C-423/19).

Die zwei Kläger in den deutschen Verfahren boten dem Hessischen Rundfunk (hr) an, ihre Rundfunkbeiträge in bar zu entrichten. Dies lehnte der hr ab und versandte an sie Festsetzungsbescheide. Diese fochten die Kläger an und beriefen sich darauf, dass Euro-Banknoten sowohl nach § 14 Abs. 1 S. 2 BBankG als auch nach Art. 128 Abs. 1 Satz 3 AEUV das unbeschränkte Zahlungsmittel in der Eurozone seien. Damit bestünde auch ein Recht auf Barzahlung.

Hierzu stellte der EuGH-Generalanwalt nun fest, dass eine grundsätzliche Pflicht des Gläubigers einer Zahlungsverpflichtung bestehe, Banknoten anzunehmen. Dies gelte nur dann nicht, wenn die Parteien entweder im Rahmen ihrer Privatautonomie ein anderes Zahlungsmittel vereinbart haben, oder aus Gründen des öffentlichen Interesses der Gesetzgeber Begrenzungen für die Verwendung von Euro-Banknoten als Zahlungsmittel vorgesehen hat. Diese Ausnahmen dürften jedoch nicht zu einer faktischen Abschaffung von Bargeld führen. Insbesondere betonte der Generalanwalt in diesem Zusammenhang, dass gerade für besonders schutzbedürftige Personen, die keinen Zugang zu Finanzdienstleistungen haben, die Möglichkeit der Barzahlung essenziell sei.

Mit Blick auf die Gebührensatzung des hr sei aus Sicht von Pitruzzella darauf hinzuweisen, dass diese "einen absoluten und ausnahmslosen Ausschluss von Euro-Banknoten vorsehe, ohne dass die Funktion sozialer Eingliederung, die Bargeld für die erwähnten schutzbedürftigen Personen erfülle, berücksichtigt worden sei". Letztlich müsse jedoch das BVerwG als vorlegendes Gericht entscheiden, ob die Norm den aufgestellten Voraussetzungen genüge.

Nun muss zunächst der EuGH in der Sache entscheiden, der an die Schlussanträge jedoch nicht gebunden ist.

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