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03.05.2002; 12:38 Uhr
Filter allein können Jugendschutz im Internet nicht gewährleisten
Ergebnis einer Studie für den US-Kongress

Der Einsatz von Filterprogrammen allein kann den erforderlichen Jugendschutz im Internet nicht gewährleisten. Zu diesem Schluss kommt eine Studie im Auftrag des US-Kongresses, die der US-amerikanische National Research Council am 2.5.2002 vorstellte. Die Verfasser fordern stattdessen vor allem, bei der Erziehung von Kindern und Jugendlichen mehr Medienkompetenz zu vermitteln. Außerdem schlugen sie vor, für Betreiber von jugendgefährdenden Internetangeboten Anreize zu schaffen, minderjährige Besucher zu unverfänglichen Seiten zu steuern. Die Veröffentlichung der Untersuchung kommt einen Tag, nachdem US-Justizminister John Ashcroft einen neuen Gesetzentwurf zur Bekämpfung von Kinderpornografie vorgestellt hatte. Die US-Regierung regiert damit auf ein Urteil des US-Supreme Court, der Mitte April 2002 den U. S. Child Pornography Prevention Act (CPPA) wegen Verletzung des Rechts auf freie Meinungsäußerung für verfassungswidrig erklärt hatte. Mit der gleichen Begründung wird von US-amerikanischen Bürgerrechtlern bereits seit längerem auch ein Bundesgesetz in Frage gestellt, dass Schulen und Büchereien beim Betrieb öffentlicher Internetarbeitsplätze zum Einsatz von Filterprogrammen verpflichtet.

Der Bericht des National Research Council warnt, einseitige Versuche, den Jugendschutz im Internet sicherzustellen, seien zum Scheitern verurteilt. Außerdem würden "Schnellschüsse" des Gesetzgebers die Öffentlichkeit nur in einer falschen Sicherheit wiegen. Erfolgversprechend sei allein der ausgewogene, aufeinander abgestimmte Einsatz erzieherischer, wirtschaftlicher, technischer und erzieherischer Mittel. Die Verfasser der Studie beklagen, vor allem die Bedeutung erzieherischer Maßnahmen sei bisher weitgehend vernachlässigt worden. Dabei zogen sie einen Vergleich zum Schutz von Kindern vor der Gefahr des Ertrinkens in Schwimmbecken. "[Auch]Schwimmbecken können für Kinder gefährlich sein", schreiben die Autoren. "Um Kinder zu schützen, kann man Schlösser anbringen, Zäune aufstellen und Alarmanlagen installieren. All diese Maßnahmen sind hilfreich, aber das mit Abstand wichtigste, was man für seine Kinder tun kann, ist, ihnen das Schwimmen beizubringen." Bei der Vermittlung von Medienkompetenz setzt die Untersuchung vor allem auf Eltern, Lehrer und Bibliothekare.

Der US-Supreme Court entschied Mitte April 2002, der US-amerikanische Gesetzgeber dürfe das Herstellen, Verbreiten und Besitzen von "virtueller Kinderpornografie", bei deren Entstehung keine echten Kinder an sexuellen Handlungen beteiligt sind, nicht unter Strafe stellen. Der strittige CCPA stelle Darstellungen unter Strafe, bei deren Herstellung es zu keinen Rechtsverletzungen komme, erklärten die Richter. Dass damit bereits die bildliche Darstellung einer Idee strafbar werde, sei unvereinbar mit dem von der US-Verfassung geschützten Recht auf freie Meinungsäußerung. Vermutlich verfassungswidrig sind damit wahrscheinlich auch entsprechende Gesetze in knapp einem Dutzend US-Bundesstaaten. Dort sind Regelungen verabschiedet worden, nach denen auch die Verbreitung von computergenerierter Kinderpornografie strafbar ist. Die Reaktionen auf das Urteil waren zwiespältig. US-Justizminister Ashcroft bedauerte, die Verfolgung "echter" Kinderpornografie werde durch den Richterspruch "unermesslich schwieriger". Rechtsanwälte der US-Filmindustrie begrüßten die Entscheidung dagegen. Sie könnte eine weitverbreitete "Selbstzensur" in der Filmwirtschaft beenden.

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