In Deutschland und USA zunehmend Forderungen nach Vorgehen gegen gewalttätige Computerspiele
In Deutschland und den USA werden zunehmend Stimmen laut, die ein entschiedeneres Vorgehen gegen Gewaltdarstellungen in Computerspiele fordern. Im US-Kongress wurde Anfang Mai 2002 ein Gesetzentwurf eingebracht, der die Verbreitung jugendgefährdender Spielsoftware erstmals bundesrechtlich unter Strafe stellen soll. Vorausgegangen waren entsprechende Gesetzesinitiativen in einzelnen US-Bundesstaaten. Der Entwurf kam nur einen Tag, nachdem ein US-Bundesgericht in Missouri eine Landkreisverordnung für gültig erklärt hatte, die die Abgabe von Videospielen mit gewalttätigem oder sexuellem Inhalt von der Zustimmung der Erziehungsberechtigten abhängig machte. In Deutschland hat Bundesfamilienministerin Christine Bergmann (SPD) mittlerweile bestätigt, dass bei der vorgesehenen Novelle des Jugendschutzrechts die Regelungen für Videos und Computerspiele mit gewaltverherrlichenden Darstellungen erweitert werden sollen. Geplant ist unter anderem eine Alterskennzeichnung für Computerspiele.
Der von dem demokratischen Abgeordneten Joe Baca im US-Kongress vorgelegte Protect Children from Video Game Sex and Violence Act soll Abgabebeschränkungen unter anderem für Videospiel vorsehen, die Enthauptungen, Verstümmelungen, Vergewaltigungen, das Rauben von Kraftfahrzeugen und andere schwere Gewaltverbrechen darstellen. Betroffen von den vorgeschlagenen Regelungen wäre beispielsweise "Grand Theft Auto 3", nach Angaben des Branchendienstes NPD Group das erfolgreichste US-amerikanische Computerspiel des Jahres 2001. In dem Spiel stiehlt und zerstört der Spieler Autos, begeht Auftragsmorde und führt andere Verbrechen aus. Mit Geldstrafen bis zu 5000 US-Dollar und Freiheitsstrafen bis zu 90 Tagen würden die angedrohten Strafen allerdings recht milde ausfallen. Trotzdem würde das Gesetz die Rechtslage erheblich ändern. Bisher findet in den USA eine altersabhängige Kennzeichnung von Computerspielen durch Hersteller und Handel nur auf rein freiwilliger Grundlage statt.
Begründet werden die Abgabebeschränkungen in den USA vor allem damit, dass sie in Einzelfällen zu Amokläufen wie an der Columbine High School in Littleton führen könnten. Zwei Jugendliche hatten dort im April 1999 einen Lehrer und 13 Schüler erschossen und 20 weitere schwer verletzt, bevor sie sich selbst töteten. Die US-amerikanischen Hersteller von Computerspielen haben eine Verantwortung für entsprechende Vorfälle in der Vergangenheit stets zurückgewiesen. Vor allem die Interactive Digital Software Association (IDSA) beruft sich darauf, ein Zusammenhang der Gewaltdarstellungen in Computerspielen und den Amokläufen sei nie wirklich bewiesen worden. Außerdem handele es sich bei den Spielen um von der US-Verfassung geschützte Formen der freien Meinungsäußerung. Regelungen, die die Abgabe von Computerspielen an Minderjährige einschränkten, seien deshalb verfassungswidrig. Vor Gericht hatte der Verband mit dieser Argumentation allerdings unterschiedlichen Erfolg. In erster Instanz wie nun auch im Bundesstaat Missouri haben die Gerichte die Abgabebeschränkungen einige Male bestätigt. Begründet hatten die Gerichte das unter anderem damit, dass die umstrittenen Regelungen kein Abgabeverbot, sondern nur Abgabebeschränkungen vorsahen. Außerdem hätten die Softwarehersteller durch die freiwillige Kennzeichnung selbst zugegeben, dass die Programme im Einzelfall jugendgefährdend sein könnten. In einem im Bundesstaat Indiana entschiedenen Fall hat ein US-Bundesgericht die Abgabebeschränkungen in einem Berufungsverfahren allerdings für unwirksam erklärt.
Dokumente:
Institutionen:
Permanenter Link zu dieser News Nr. 666:
https://www.urheberrecht.org/news/666/
Der kostenlose Service unserer Online-Redaktion.
Das IUM dokumentiert die politischen und rechtlichen Entwicklungen aus dem Bereich des Urheber- und Medienrechts und gibt einen tagesaktuellen Newsletter heraus. Dieser informiert über neue Gerichtsentscheidungen und laufende Gesetzgebungsverfahren und ist dabei dem Gebot strikter Neutralität verpflichtet. Fördermitglieder erhalten den Newsletter vorab per E-Mail. Sein Inhalt wird hier dokumentiert.
Hier können Sie sich für den IUM Newsletter anmelden!
Gerne schicken wir Ihnen auch alle aktuellen Informationen per Mail.