Bundestag verabschiedet in erster Lesung Neuregelung des Jugendschutzrechts
Die von der Bundesregierung geplante Neuregelung des Jugendschutzrechts hat eine weitere Hürde genommen. Der Bundestag verabschiedete am 16.5.2002 in erster Lesung den Regierungsentwurf von Bundesjugendministerin Christine Bergmann (SPD). Der Entwurf wurde zur weiteren Beratung in die Ausschüsse verwiesen. Die geplanten Regelungen sollen unter anderem für einen besseren Schutz Jugendlicher vor gewalttätigen Darstellungen in Computerspielen sorgen. Abgeordnete der CDU/CSU-Bundestagsfraktion kritisierten den Gesetzentwurf als nicht weitgehend genug. Unter anderem müssten Verleih und Vermietung jugendgefährdender Videofilme und Computerspiele völlig verboten werden. Vertreter der Landesmedienanstalten warnten, mit der in dem Entwurf vorgesehenen Stärkung der freiwilligen Selbstkontrolle der Fernsehsender werde ein "erhebliches Risiko für den Jugendschutz" eingegangen. Einrichtungen der freiwilligen Selbstkontrolle seien erfahrungsgemäß sehr viel großzügiger als die Landesmedienanstalten, die bisher für den Jugendschutz verantwortlich sind. Nach dem Willen der Bundesregierung soll die Neuregelung des Jugendschutzrechts noch vor den Bundestagswahlen im September 2002 in Kraft treten.
Die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Maria Böhmer (CDU), erklärte anlässlich der ersten Lesung des Gesetzentwurfs, der eingebrachte Entwurf bleibe weit hinter den Ankündigungen der Bundesregierung zurück. Drängende Probleme des Jugendschutzes blieben ungelöst. So versage der Gesetzentwurf beispielsweise bei der Stärkung der Erziehungskompetenz der Eltern. Böhmer forderte, Verleih und Vermietung schwer jugendgefährdender Videofilme und Computerspiele müssten genauso verboten werden wie Filmverleihautomaten. Sogenannte "Killerspiele", bei denen in menschenverachtender Weise Tötungen oder Verletzungen von Menschen dargestellt werde, sollten sogar völlig verboten werden. Außerdem müssten europäisch und international gültige Schutzstandards im Jugendmedienschutz festgelegt werden. Die Professorin griff damit Forderungen des bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU) auf, der bereits Anfang Mai entsprechende Vorschläge gemacht hatte. Kritik an dem Gesetzentwurf der Bundesregierung äußerte auch Böhmers Fraktionskollegin Maria Eichhorn (CSU). Sie bemängelte, in der Vorlage fehlten eindeutige Zuständigkeitsregelungen für Jugendämter, Ordnungs- und Gewerbeaufsichtsämter und die Polizei.
Nach dem Regierungsentwurf werden das Gesetz zum Schutz der Jugend in der Öffentlichkeit (JÖSchG) und das Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften (GjS) zu einem Jugendschutzgesetz (JSchG) zusammengelegt. Dessen Regelungen gelten einheitlich sowohl für Tele- als auch für Mediendienste. Ausgenommen ist allerdings der Jugendschutz im Rundfunk. Er soll weiter in der Zuständigkeit der Länder verbleiben und durch einen neuen Jugendmedienschutzstaatsvertrag geregelt werden. Nach dem geplanten JSchG sollen in Zukunft nicht nur Videofilme, sondern auch Computerspiele und Bildschirmspielgeräte mit einer Alterskennzeichnung versehen werden. Änderungen sieht der Gesetzentwurf auch bei der Indizierung jugendgefährdender Medien vor. Zuständig bleibt die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften (BPjS), die allerdings in Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) umbenannt wird. Die BPM kann in Zukunft auch von Amts wegen tätig werden, muss sich aber mit einer von den Bundesländern neu zu gründenden Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) abstimmen. Die Selbstkontrolle der Medien will der Gesetzentwurf stärken. Der Jugendschutz soll so weit wie möglich Selbstkontrolleinrichtungen übertragen werden. Für deren Tätigkeit soll aber eine staatliche Zulassung erforderlich sein.
Dokumente:
- Regierungsentwurf für eine Reform des Jugendschutzrechts (BT-Drs. 14/9013)
- Gesetz zum Schutz der Jugend in der Öffentlichkeit (JÖSchG) v. 25.2.1985 i. d. F. v. 15.12.2001
- Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften und Medieninhalte (GjS) v. 9.6.1953 i. d. F. v. 15.12.2001
Institutionen:
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