mobiles Menü Institut für Urheber- und Medienrecht
12.06.2002; 18:28 Uhr
Weltweit 40 Prozent aller gewerblich vertriebenen Tonträger gefälscht
Zahl selbstgebrannter CDs verdreifacht - In 25 Ländern werden mehr Raubkopien als Originale verkauft

Nach Schätzungen der Musikindustrie sind weltweit zwei von fünf gewerblich vertriebenen Tonträgern gefälscht. Das geht aus dem "Music Piracy Report 2002" hervor, den die Internation Federation of the Phonographic Industry (IFPI) am 11.6.2002 in Washington vorlegte. Nach dem Branchenverband wurden 2001 mit 1,9 Milliarden Stück weltweit knapp sechs Prozent mehr Raubkopien abgesetzt als im Jahr 2000. Mit 950 Millionen Stück entfielt der größte Anteil davon auf gefälschte Musik-CDs, von denen fast die Hälfte in Kleinserien auf CD-Brennern hergestellt wurden. Die Zahl dieser "selbstgebrannten" Musik-CDs hat sich nach Angaben der IFPI binnen Jahresfrist verdreifacht. Die knapp 100 Millionen illegalen Musik-CDs, die 2001 auf Betreiben der Musikindustrie weltweit beschlagnahmt wurden, wirken dagegen wie ein Tropfen auf einen heißen Stein. Nach Darstellung des Verbands wurden im vergangenen Jahr in 25 Ländern mehr Raubkopien als rechtmäßige Tonträger verkauft. Spitzenreiter sind unter anderem China mit einem Anteil von 90 Prozent und Indonesien mit 85 Prozent. Der Vorsitzende der IFPI, Jay Berman, erklärte bei Vorstellung der Zahlen, Musikpiraterie werde gelegentlich fälschlicherweise als "Verbrechen ohne Opfer" bezeichnet. Das sei aber falsch. Die wirtschaftlichen Schäden durch Piraterie seien "enorm" und durch alle Glieder der Verwertungskette hindurch zu spüren.

Auch in Deutschland macht die Musikindustrie das massenhafte Kopieren von Musik-CDs für erhebliche Umsatzeinbußen verantwortlich. Nach Angaben des Bundesverbands der Phonographischen Wirtschaft (Bundesverband Phono) ist der Branchenumsatz mit Musik-CDs, LPs und MCs im Jahr 2001 um 10,2 Prozent von 2,490 auf 2,235 Milliarden Euro eingebrochen. Gleichzeitig hätten nach einer Untersuchung der Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) im vergangenen Jahr 17,1 Millionen Verbraucher Musik auf 182 Millionen CD-Rohlinge kopiert. Das sei mehr als die 173 Millionen CD-Alben, die 2001 in Deutschland verkauft worden seien. Selbstgebrannte Musik-CDs seien dadurch inzwischen zu einer "echten Bedrohung" für die Musikwirtschaft geworden. Ähnlich sieht die Lage bei Computersoftware aus. Nach Untersuchungen für die Business Software Alliance Deutschland (BSA) war im Jahr 2001 war jedes dritte gewerblich genutzte Computerprogramm in Deutschland eine Raubkopie. Den durch Raubkopien in Deutschland entstandenen Schaden schätzt die BSA allein für das vergangene Jahr auf rund 762 Millionen Euro. Die Bundesrepublik liege mit diesem Wert in Westeuropa auf dem "traurigen ersten Platz", beklagte der Verband.

Im Kampf gegen die rechtswidrige Vervielfältigung von Musik, Filmen und Computerprogrammen haben die Rechteinhaber schon vor längerem eine Reihe konkreter Vorschläge gemacht. Zum einen fordern sie, dass die von der Europäischen Kommission (Kommission) geplante Urheberrechtsdurchsetzungsrichtlinie wirklich abschreckende Straf- und Schadensersatzvorschriften enthalten müsse. Bisher sei es oft genug so, dass die Rechtsverletzer den zu zahlenden Schadensersatz als Teil der "Betriebskosten" in Kauf nähmen. In Zivilprozesse wegen Urheberrechtsverstößen müssten zu Gunsten der Rechtsinhaber außerdem vernünftige Vermutungsvorschriften geschaffen werden. Nur so ließen sich Verzögerungen verhindern, die bislang häufig dazu führten, dass "Piraten" sich der Justiz entzögen. Um ein wirkungsvolles gerichtliches Vorgehen gegen Rechtsverletzungen sicherzustellen, bedarf es nach Ansicht der Rechteinhaber auch brauchbarer Regelungen, die eine vorläufige Beschlagnahme und Sicherstellung von Beweismaterial ermöglichten. Die Erfahrung zeige, dass Kriminelle sonst wichtige Beweismittel zerstörten. Zusätzlich fordern die Verbände umfassende Auskunftsansprüche gegen Rechtsverletzer, um Vervielfältigung und Verbreitung illegaler Kopien nachvollziehen zu können. Dabei helfen soll ihrem Willen nach auch der verpflichtende Einsatz eines Quellidentifizierungscodes (Source Identification Code, SIC) zur Kennzeichnung von Musik-CDs und CD-ROMs.

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