mobiles Menü Institut für Urheber- und Medienrecht
23.07.2002; 17:55 Uhr
Hunderte von US-Internetradios schließen wegen Einführung von Nutzungsgebühren
Vor allem kleine Unternehmen betroffen - Plattenindustrie: Klagen "beinahe komisch"

Nach der Einführung von Urheberrechtsabgaben für das Ausstrahlen von Musik über das Internet haben in den USA bereits Hunderte von Internetradios aufgegeben. Das Newsfactor Network meldet am 22.7.2002, seit der Entscheidung des US-Copyright Office vom Juni 2002 hätten bereits mehr als zweihundert Unternehmen ihre Geschäftstätigkeit eingestellt. Betroffen seien vor allem viele kleinere Sender, die ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben worden seien. Als Beispiel nennt der Bericht Webradios, die von Studenten an Hochschulen betrieben werden. Der Nachrichtendienst zitiert Branchenkenner, nach denen von den zur Zeit etwa noch 10.000 Internetradios in kurzer Zeit nur noch einige wenige große Anbieter wie Yahoo, AOL und Microsoft übrig bleiben würden. Die Recording Industry Association of America (RIAA), der wichtigste Verband der US-amerikanischen Musikindustrie, äußerte sich gegenüber Klagen über diese Entwicklung verständnislos. RIAA-Geschäftsführerin Hillary Rosen meinte gegenüber dem Newsfactory Network, wenn ein Geschäftsmodell die anfallenden Kosten nicht hereinbringe, müsse es eben schliessen. Das klinge zwar hart, aber so sei das Leben. Die Klagen über die Abgaben von etwa 500 US-Dollar, die auf ein durchschnittliches College-Radio im Jahr zukämen, nannte Rosen angesichts der Piraterie, die auf Hochschul-Servern stattfände, "beinahe komisch".

Das bei der Bücherei des US-Kongresses angesiedelte US-Copyright Office hat am 20.6.2002 Abgaben für die Ausstrahlung von Musik über das Internet festgesetzt. Nach der Entscheidung müssen Unternehmen, die ihr Programm im Internet ausstrahlen ("web radios"), pro Lied und Hörer mindestens 0,07 US-Cent (etwa 0,07 Euro-Cent) an die Tonträgerhersteller abführen. Die Gebührt gilt unabhängig davon, ob das Programm auch auf herkömmlichem Weg empfangen werden kann. Die Abgaben werden im September 2002 fällig, ab dem Oktober 2002 auch rückwirkend ab dem Jahr 1998. Eine Schiedsstelle des US-Copyright Office, das Copyright Arbitration Royalty Panel (CARP), hatte im Februar 2002 für reine "web radios" noch doppelt so hohe Sätze vorgeschlagen, nachdem sich Rechteinhaber und Internetradios nicht hatten einigen können. Das US-Copyright Office hatte den Schiedsspruch im Mai 2002 nach heftigen Protesten der "web radios" aber abgelehnt. Die Unternehmen hatten gewarnt, die Erhebung der Abgaben auf ihre Angebote würde einem ganzen Wirtschaftszweig die wirtschaftliche Grundlage entziehen. Sie beklagten, die fälligen Beträge überstiegen die Einnahmen in typischen Fällen etwa das Doppelte. Die Rechteinhaber hatten die Klagen zurückgewiesen. Sie meinten, nach jahrelangen ergebnislosen Verhandlungen sei es an der Zeit, dass Musiker und Verlage eine angemessene Vergütung für die Nutzung ihrer Werke erhielten.

Dokumente:

Institutionen:

[IUM/jz]

Permanenter Link zu dieser News Nr. 776:

https://www.urheberrecht.org/news/776/


Zurück zur Liste


Der kostenlose Service unserer Online-Redaktion.

Das IUM dokumentiert die politischen und rechtlichen Entwicklungen aus dem Bereich des Urheber- und Medienrechts und gibt einen tagesaktuellen Newsletter heraus. Dieser informiert über neue Gerichtsentscheidungen und laufende Gesetzgebungsverfahren und ist dabei dem Gebot strikter Neutralität verpflichtet. Fördermitglieder erhalten den Newsletter vorab per E-Mail. Sein Inhalt wird hier dokumentiert.

Hier können Sie sich für den IUM Newsletter anmelden!

Gerne schicken wir Ihnen auch alle aktuellen Informationen per Mail.