Identifizierende Bildberichterstattung im Wirecard-Skandal zulässig
Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied mit Urteil vom 27. Mai 2025, dass der »Spiegel« ein unverpixeltes Foto des Wirecard-Managers Oliver Bellenhaus veröffentlichen durfte (VI ZR 337/22, Veröffentlichung in ZUM bzw. ZUM-RD folgt).
Das Nachrichtenmagazin hatte am 21. November 2020 einen mit Fotos der Beteiligten bebilderten Artikel über den Wirecard-Skandal veröffentlicht. Das Foto des Wirecard-Managers ist dabei mit folgender Unterschrift versehen: »Topmanager Bellenhaus 2006: So etwas wie der Höllenhund«
Nach Auffassung des BGH ist sowohl die identifizierende Wort- als auch Bildberichterstattung zulässig. Zwar überwiege während eines Ermittlungsverfahrens grundsätzlich das Persönlichkeitsinteresse des Betroffenen. Eine individualisierte Bildberichterstattung über den Beschuldigten in einem Strafverfahren ist jedoch nicht in jedem Fall ausgeschlossen. Anders verhält es sich bei einem herausragenden Ereignis der Zeitgeschichte, wie dem »spektakulärsten Wirtschaftsskandal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland«.
Bellenhaus spielte in dem Verfahren sowohl als Leiter der Wirecard-Tochter Cardsystems Middle-East FZ-LLC in Dubai als auch im Ermittlungsverfahren als Kronzeuge eine wichtige Rolle. Mit seiner öffentlichen Entschuldigung bei den Geschädigten habe er sich aus freien Stücken in den Fokus der Öffentlichkeit begeben und damit auch ein Interesse an seiner Person geweckt. Der Spiegel-Artikel habe ihn weder stigmatisiert noch an den Pranger gestellt. Schließlich wurde auch nicht nur er mit Foto abgebildet. Das Interesse von Bellenhaus am Schutz seiner Persönlichkeit musste daher hinter der Pressefreiheit zurückstehen.
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