Nida-Rümelin gegen feste Quote für deutsche Produktionen im Rundfunk
Der Bundesbeauftragte für Kultur und Medien, Julian Nida-Rümelin (SPD) hat sich unter Hinweis auf die Programmfreiheit der Sender gegen gesetzliche Quoten für deutsche Produktionen im Rundfunk ausgesprochen. Die Verantwortlichen in Radio und Fernsehen sollten heimische Erzeugnisse statt dessen freiwillig fördern, meinte der Staatsminister am 16.8.2002 auf der Musikmesse popkomm in Köln. Außerdem müsse eine gesellschaftliche Diskussion über mehr Vielfalt im Rundfunk in Gang kommen. Nida-Rümelin beklagte, deutschsprachige Musik sei auf Pop-Sendern mittlerweile nur noch ein "Rinnsal". Nach einer von ihm in Auftrag gegebenen Studie hätten deutsche Produktionen auf Pop-Sendern nur noch einen Anteil von zehn bis 20 Prozent, deutschsprachige Produktionen sogar einen Anteil von meist unter fünf Prozent. Im Kontrast dazu verwies der SPD-Politiker auf die Entwicklung in Frankreich. Dort hätten seit Einführung einer gesetzlichen Quote für heimische Produktionen mehr französische Künstler den Durchbruch geschafft als vorher. Das habe auch Folgen auf den Plattenumsatz gehabt, der im Nachbarland anders als in Deutschland steige. Der Staatsminister schränkte allerdings ein, die französischen Regelungen könnten nicht unverändert auf die Bundesrepublik übertragen werden. Vertreter der deutschen Musikindustrie sprachen sich auf der popkomm dagegen ausdrücklich für eine Quote für deutsche Produktionen aus. Nur gesetzliche Regelungen und nicht Appelle allein könnten die "Langeweile" vor allem im Radio beenden und für mehr Vielfalt in den Radioprogrammen sorgen.
In Frankreich wurde bereits 1994 gesetzliche Quoten für Radioprogramme geschaffen. Seit August 2000 müssen dort zwischen 35 und 60 Prozent der gesendeten Titel französischsprachig sein, neue Titel müssen zwischen zehn und 25 Prozent des Programms ausmachen. Die beiden Quoten sind voneinander abhängig: Je weniger französischsprachige Lieder gespielt werden, desto mehr Neuheiten müssen ins Programm und umgekehrt. Quoten zur Förderung bestimmter Rundfunkprogramme gibt es aber nicht nur in Frankreich, sondern in einer ganzen Reihe von Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU). Gefördert werden dabei teils bestimmte Sprachen, bestimmte Inhalte oder bestimmte Produzenten. In zahlreichen Ländern bestehen Quoten zur Förderung der Landessprache, nach denen 25 bis 50 Prozent der Sendezeit Produktionen vorbehalten sein muss, die ursprünglich in der jeweiligen Landessprache produziert wurden. Die Niederlande fordern darüber hinaus, dass 25 Prozent der Sendezeit kulturellen Inhalten gewidmet werden muss, davon die Hälfte Kunstsendungen, und weitere 35 Prozent der Sendezeit für informierende oder erziehende Beiträge zur Verfügung stehen müssen. Andere Länder schreiben die finanzielle Förderung bestimmter Sendungen vor, Italien beispielsweise von Kinder-, Frankreich von Trickfilmproduktionen. In Großbritannien ist gesetzlich vorgeschrieben, dass ein bestimmter Anteil der Sendungen außerhalb Londons produziert werden muss. Einen guten Überblick über die verschiedenen in der EU bestehenden Regelungen gibt eine Studie zur Umsetzung des dritten Kapitels der EU-Fernsehrichtlinie, die die Europäische Kommission (Kommission) im April 2001 in Brüssel vorgelegt hat.
Dokumente:
- Studie zur Umsetzung des dritten Kapitels der EU-Fernsehrichtlinie vom Mai 2001 (Kurzfassung)
- Studie zur Umsetzung des dritten Kapitels der EU-Fernsehrichtlinie vom Mai 2001 (Langfassung)
- EU-Fernsehrichtlinie vom 3.10.1989 (89/552/EWG), konsolidierte Fassung
- EU-Fernsehänderungsrichtlinie vom 30.6.1997 (97/36/EG)
- EU-Fernsehrichtlinie vom 3.10.1989 (89/552/EWG), nichtkonsolidierte Fassung
Institutionen:
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