Wirtschaft sieht in Urheberrechtsabgaben Gefahr für Wachstum bei Multifunktionsgeräten
Die von den Verwertungsgesellschaften geforderten Urheberrechtsabgaben auf Multifunktionsgeräte mit kombinierter Druck-, Scan-, Kopier- und Faxfunktion gefährden nach Ansicht der Gerätehersteller eine der letzten Wachstumsbereiche auf dem deutschen Markt für Bürotechnik. Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und Neue Medien (BITKOM) warnte am 19.8.2002, man dürfe nicht zulassen, dass eine der wenigen verbliebenen Wachstumsnischen der Branche "zerstört" werde. BITKOM-Geschäftsführer Bernhard Rohleder kritisierte, die von den Verwertungsgesellschaften vorgeschlagenen Abgaben von 75 bis 300 Euro pro Gerät ständen gerade im unteren, besonders umsatzträchtigen Preissegment in keinem Verhältnis zum Verkaufspreis. Günstige Geräte würden im Handel schon ab etwa 200 Euro angeboten. Rohleder kündigte an, die BITKOM werde sich weiter dafür einsetzen, die Abgabenlast so gering wie möglich zu halten. Der Gesamtmarkt für Bürotechnik wird nach Schätzung des Verbandes im laufenden Jahr deutlich zurückgehen und auch 2003 unter Druck bleiben. Für 2002 rechnen die BITKOM-Experten mit einem Umsatzrückgang von drei bis neun Prozent auf 2,3 bis 2,5 Milliarden Euro. Im nächsten Jahr werde sich die Nachfrage vermutlich um bis zu weitere fünf Prozent abschwächen. Mit einer Erholung des Marktes rechnet der Verband erst bei einer Verbesserung des konjunkturellen Umfelds insgesamt.
Der Streit über Urheberrechtsabgaben auf PCs, Drucker, Scanner und CD-Brenner beschäftigt Gerätehersteller und Verwertungsgesellschaften schon seit einigen Jahren. Geklärt ist die Frage inzwischen bei CD-Brennern, bei denen sich Verwertungsgesellschaften und Industrie Ende Juli 2002 auf bestimmte Vergütungen geeinigt haben. Die Hersteller zahlen danach für jeden Brenner, der zum Einbau in oder Anschluss an einen PC bestimmt ist, an die Verwertungsgesellschaften einen Betrag von 7,50 Euro. Für Mitglieder bestimmter Branchenverbände wie der BITKOM gilt ein Nachlass von 20 Prozent. Die Verwertungsgesellschaften hatten ursprünglich eine Abgabe von zehn Euro pro Gerät gefordert. Der Einigung vorausgegangen waren über einjährige, harte Verhandlungen, die trotz Vermittlung von Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) mehrmals erfolglos abgebrochen werden mussten. Nicht einmal die Drohung von Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos), die Höhe der Urheberrechtsabgaben notfalls gesetzlich zu regeln, konnte die Kontrahenten zu einem Kompromiss bewegen. Der nächste Streit zeichnet sich inzwischen bei den Urheberrechtsabgaben auf CD-Rohlinge ab. So hat der Hardwarehersteller Hewlett Packard die Forderungen der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA), die seit 15 Jahren unveränderte Urhebervergütungen für Tonträger um das dreifache abzuheben, umgehend als "absurd" bezeichnet.
Das deutsche Urheberrechtsgesetz (UrhG) erlaubt Vervielfältigungen unter anderem von Bild- und Tonträgern zu privaten oder sonstigen eigenen Zwecken in weitem Umfang, verpflichtet die Hersteller beispielsweise von Leerkassetten, Videobändern, Fotokopierern und Videorekordern aber zur Zahlung von sogenannten Urheberrechtsabgaben. Diese Gebühren werden über Verwertungsgesellschaften wie die GEMA, die VG Wort und die VG Bild-Kunst eingezogen und an die jeweils betroffenen Urheber nach einem genau festgelegten Verteilungsplan ausgeschüttet. Bei Tonträgern wie beispielsweise Leerkassetten werden dabei für jede Stunde Spieldauer gute sechs Cent fällig, bei Bildtonträgern wie Videokassetten knappe neun Cent. Die Vergütungssätze wurden das letzte Mal im Jahr 1985 erhöht. Seitdem hat die Bundesregierung zwar einen Bericht zur Entwicklung der urheberrechtlichen Vergütungen vorlegt, die Sätze aber nicht mehr angepasst. Nach Auffassung der Rechteinhaber ist eine Überarbeitung der einschlägigen Anlage zu § 54 d UrhG mittlerweile überfällig. Die GEMA hatte erst im Februar 2002 ihre Forderung erneuert, die Urheberrechtsabgaben müssten dringend angehoben werden. Der GEMA-Vorsitzende Reinhold Kreile verwies auf die Umsätze in zweistelliger Milliardenhöhe, die in Deutschland mit Unterhaltungselektronik gemacht würden. Es dürfe nicht übersehen werden, dass der wirtschaftliche Wert beispielsweise von Audio- und Videorekordern vor allem in der Möglichkeit zum privaten Kopieren bestehe. Die im Jahr 2000 erhobenen Geräte- und Leerkassettenvergütungen von 138 Millionen Mark nähmen sich vor diesem Hintergrund eher bescheiden aus, meinte Kreile.
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