Sperrungsverfügungen gegen Provider in NRW für sofort vollziehbar erklärt
Die Bezirksregierung Düsseldorf zeigt im Streit mit nordrhein-westfälischen Zugangsanbietern über das Zugänglichmachen rechtsextremistischer Internetseiten aus den USA in Deutschland weiter keine Kompromissbereitschaft. Nach einer Meldung des Branchendienstes heise online vom 10.9.2002 hat die Aufsichtsbehörde die Sperrungsverfügungen, die sie im Februar 2002 verhängt und im Juli 2002 bestätigt hat, für sofort vollziehbar erklärt. Die Klagen von etwa einem Dutzend Providern, die gegen die entsprechenden Widerspruchsbescheide Klage zu den Verwaltungsgerichten erhoben hatten, verlieren dadurch ihre aufschiebende Wirkung. Die betroffenen Unternehmen müssen der Sperrungsverfügung deshalb unverzüglich nachkommen, wenn sie empfindliche Geldbußen vermeiden wollen. Ihnen bliebe nur noch die Möglichkeit, bei Gericht die Aufhebung der Vollzugsanordnung zu beantragen. Wie heise online weiter berichtet, begründet die Bezirksregierung ihre Entscheidung damit, dass das für den Sofortvollzug erforderliche besondere öffentliche Interesse bei drohenden Straftaten immer gegeben sei. Außerdem sei ohne Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit zu befürchten, dass die potenziellen Nutzer rechtsextremistischer Angebote zu den Providern wechseln würden, die gegen die Sperrungsverfügungen Klage erhoben hätten. Das würde nicht nur die Wirksamkeit der Sperrungsverfügungen in Frage stellen, sondern den klagenden Unternehmen auch wirtschaftliche Vorteile verschaffen. Das Electronic Commerce Forum (eco), ein Verband der deutschen Internetwirtschaft, äußerte sich in einer ersten Stellungnahme gegenüber heise online am gleichen Tag "erstaunt" über das Vorgehen der Bezirksregierung. Hinter der besonderen Eile könne nur "politisches Kalkül" stecken, meinte eco-Geschäftsführer Harald Summa.
Die Bezirksregierung Düsseldorf hatte im Februar 2002 knapp 80 Zugangsanbieter aus Nordrhein-Westfalen dazu verpflichtet, den Zugang zu zwei US-amerikanischen Internetangeboten mit rechtsextremistischem Inhalt zu sperren. Umgesetzt werden sollte die Blockade durch Änderungen an den Domain Name Servern (DNS) der Provider, die die Zuweisung von Domainnamen an die dazugehörigen IP-Adressen bewerkstelligen. Etwa die Hälfte der betroffenen Unternehmen legte gegen diese Anordnung Widerspruch ein. Sie beriefen sich darauf, die Bezirksregierung sei für die Sperrungsverfügungen gar nicht zuständig gewesen. Die von der Behörde geforderten Maßnahmen ermöglichten abgesehen davon nur die Sperrung einiger weniger Seiten und könnten außerdem leicht umgangen werden. Der Aufwand, den die betroffenen Unternehmen mit Einrichtung und Aufrechterhaltung der Sperren hätten, sei deshalb überflüssig. Die Zugangsanbieter beklagten außerdem, durch das Vorgehen würden nordrhein-westfälische Unternehmen gegenüber Anbietern in anderen Bundesländern benachteiligt. Dort würde nicht gegen Provider vorgegangen, die den Zugang zu rechtsextremistischen Internetseiten aus dem Ausland vermittelten. Unterstützung erhielten die Unternehmen vom Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM). Der Verband kritisierte, die Behörden setzten mit dem Vorgehen gegen die Zugangsanbieter an der falschen Stelle an. Ein wirksamer Schutz vor rechtswidrigen oder jugendgefährdenden Angeboten im Internet könne viel wirkungsvoller durch freiwillige Selbstkontrolle der Inhalteanbieter, internationale Zusammenarbeit und erhöhte Anstrengungen im familiären Umfeld für die Medienkompetenz von Kindern und Jugendlichen erreicht werden. Die Bezirksregierung begann im Juli 2002 trotzdem damit, die Widersprüche zurückzuweisen. eco hat den betroffenen Unternehmen deshalb Mitte August 2002 empfohlen, gegen die Sperrungsverfügungen Klage zu erheben.
Dokumente:
- Pressemitteilung des eco v. 19.8.2002
- Pressemitteilung der BITKOM v. 25.7.2002
- Muster des Widerspruchsbescheids v. 22.7.2002
- Muster der Sperrungsverfügung v 6.2.2002
- Mediendienstestaatsvertrag (MDStV)
Institutionen:
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