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28.10.2002; 16:50 Uhr
"Musikindustrie schneidet sich mit CD-Kopierschutz ins eigene Fleisch"
US-Studie warnt vor Kaufzurückhaltung verärgerter Kunden

Die Musikindustrie schneidet sich mit der Einführung eines Kopierschutzes bei Musik-CDs möglicherweise ins eigene Fleisch. Der Kopierschutz könne Kunden verärgern und damit im Ergebnis zu niedrigeren Einnahmen führen, warnt die Forschungsabteilung der US-amerikanischen Unternehmensberatung Gartner in einer vor kurzem veröffentlichten Studie. Nach der Untersuchung erwartet ein Großteil der Kunden, im Laden gekaufte Musik-CDs auch für eigene Zwecke vervielfältigen zu können. 82 Prozent der Befragten gaben an, die Herstellung einer Sicherheitskopie für Archivzwecke ("backup purposes") müsse möglich sein. Mit 77 Prozent waren mehr als drei Viertel der Verbraucher der Auffassung, ein Käufer könne auch erwarten, Musik von einer CD auf ein anderes Gerät kopieren zu dürfen. Angesprochen ist damit beispielsweise das Überspielen einer CD auf eine Tonbandkassette, um Musik auch im eigenen Wagen hören zu können. Immerhin 60 Prozent der Befragten sind der Auffassung, auch die Weitergabe von Kopien im Familienkreis müsse möglich sein. Nach den Ergebnissen der Studie, für die im Juli 2002 rund 2000 US-Verbraucher befragt wurden, sollte sich die Musikindustrie auch über eine bessere Kennzeichnung kopiergeschützter Musik-CDs Gedanken machen. 74 Prozent der Verbraucher forderten, wenn die Plattenfirmen Kopierschutzverfahren einsetzten, sollten die Musik-CDs wenigstens entsprechende Warnhinweise enthalten.

In Deutschland sind seit längerem Musik-CDs auf dem Markt, die durch technische Verfahren vor Vervielfältigungen geschützt sind. Die Bertelsmann Music Group BMG) und Sony Music haben schon Anfang 2000 erste Versuche mit kopiergeschützten Musik-CDs unternommen, das Vorhaben nach unerwartet heftigen Protesten aber vorerst aufgegeben. Weniger zurückhaltend sind einige kleinere deutsche Plattenverleger, die ihre Musik-CDs schon seit einiger Zeit nur noch mit Kopierschutz veröffentlichen. Die Daten auf den Musik-CDs werden dabei mit besonderen Verfahren gezielt so verändert, dass der Tonträger nur auf neueren CD-Playern abgespielt werden kann. CD-ROM-Laufwerken in Computern und älteren CD-Spielern gaukelt der Kopierschutz schwerwiegende Fehler auf der CD vor, die eine Wiedergabe scheinbar unmöglich machen. Einen Riegel vorschieben wollen die Unternehmen damit vor allem dem beliebten Vervielfältigen von Musik-CDs mit Hilfe von CD-Brennern. Verhindern will die Musikindustrie aber auch, dass einzelne Lieder auf dem Rechner in MP3-Dateien umgewandelt und anschließend über Internetmusiktauschbörsen wie Kazaa massenhaft verbreitet werden. Der Kopierschutz kann mit speziellen Programmen allerdings leicht umgangen werden. Ob Plattenfirmen nach geltendem Recht zur Kennzeichnung kopiergeschützter CDs verpflichtet sind, ist umstritten. Die International Federation of the Phonographic Industry (IFPI) empfiehlt ihren Mitgliedern seit kurzem auf freiwilliger Basis entsprechende Hinweise.

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[IUM/jz]

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