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06.11.2002; 16:54 Uhr
Gewerkschaft hält Einstieg von Bauer bei Kirch für "kritisch"
Gleichzeitiger Besitz von Fernseh- und Zeitungsanteilen "bedenklich"

Als "kritischen Fall für die Medienkonzentrationskontrolle" hat die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) den Einstieg des Bauer-Verlages bei den frei empfangbaren Sendern der Kirch-Gruppe bezeichnet. Dass ein Medienunternehmen und nicht ein Finanzkonsortium den Zuschlag bekommen habe, sei aus Sicht der Beschäftigten zwar zu begrüßen. Das Bundeskartellamt müsse aber prüfen, ob die Übernahme gegen geltende Mediengesetze oder das Kartellrecht verstoße, meinte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Frank Werneke am 6.11.2002 in Berlin. Dabei müsse auch die Frage gestellt werden, ob der Bauer-Verlag seine Beteiligung an dem Bertelsmann-Sender RTL 2 behalten könne. Für "eher bedenklich" hält Werneke auch, dass der Verlag nach einem Einstieg bei Kirch gleichzeitig Anteile an Fernseh- und Zeitungsunternehmen halten würde. Mit wechselseitiger Werbung für seine Fernsehprogramme in den Publikumszeitschriften des Verlages und den Blättern der Regenbogenpresse könne es Bauer gelingen, entscheidende Vorteile gegenüber seinen Konkurrenten in beiden Mediensegmenten zu erringen, warnte Werneke. Diese Frage müsse die Medienpolitik aufgreifen, meinte der Gewerkschaftler.

Nach dem Rundfunkstaatsvertrag (RfStV) darf kein Rundfunkunternehmen im Fernsehen bundesweit eine "vorherrschende Meinungsmacht" erlangen. Falls ein Unternehmen in einem "medienrelevanten verwandten Markt" eine marktbeherrschende Stellung hat, wird eine vorherrschende Meinungsmacht im Fernsehen bereits dann vermutet, wenn die Fernsehprogramme eines Unternehmens im Jahresdurchschnitt einen Zuschaueranteil von 25 Prozent erreichen. Wenn das Unternehmen sogenannte "Programmfenster" für regionale Berichterstattung freihält oder unabhängigen Dritten Sendezeit zur Verfügung stellt, darf diese Grenze um bis zu fünf Prozent überschritten werden. Bei einem Einstieg des Bauer-Verlages bei ProSiebenSat.1 könnte eine vorherrschende Meinungsmacht im Sinn des RfStV möglicherweise zu bejahen sein. Bauer ist der auflagenstärkste Zeitschriftenverlag Europas. Außerdem ist er bereits am Sender RLT 2 mit drei bis vier Prozent Zuschaueranteil beteiligt. Die Sender von ProSiebenSat.1, neben ProSieben und Sat.1 auch Kabel 1 und N24, haben zusammen etwa 25 Prozent Marktanteil. Bauer wird deshalb unter Umständen gezwungen sein, sich von seiner Beteiligung von RLT 2 zu trennen. Ob eine vorherrschende Meinungsmacht vorliegt, untersucht im Auftrag der Landemedienanstalten deren gemeinsame Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK). Falls sich KEK und Unternehmen im Fall einer vorherrschenden Meinungsmacht nicht über Ausgleichsmaßnahmen einigen, können die Landesmedienanstalten die Zulassung der betroffenen Sender widerrufen.

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