Sperrpflichten zur Kinderpornografiebekämpfung gestrichen
Ein gutes Jahr nach dem Ministerialerlass zur Aussetzung des Zugangserschwerungsgesetzes (vgl. Meldung vom 22. Februar 2010) hat sich die Koalition gestern auf die Streichung der Sperrpflichten geeinigt. Damit können kinderpornografische Inhalte im Netz künftig nur noch gelöscht werden. Unter dem Eindruck, der Nichtanwendungsbescheid des BMI könne wieder aufgehoben werden, hatte der AK Zensur noch im Februar 2011 Verfassungsbeschwerde gegen das Zugangserschwerungsgesetz eingelegt (vgl. Meldung vom 23. Februar 2011). Auch auf EU-Ebene sind Netzsperren derzeit in der Diskussion. Während der Rat einen Richtlinien-Entwurf der Kommission angenommen hat, der Sperren als Option nach gescheiterten Löschungsversuchen vorsieht, ist das EU-Parlament gegen eine EU-weite Verpflichtung (vgl. Meldung vom 16. Februar 2011).
Im »netzpolitik«-Blog wird die Entscheidung der Bundesregierung skeptisch aufgenommen. Die zeitgleich verkündete Schaffung einer VISA-Warndatei sei nicht bedeutend genug für einen koalitionsinternen »Deal«. Wahrscheinlicher sei die Einführung der von Bundesinnenminister Friedrich befürworteten Vorratsdatenspeicherung. Das Thema Netzsperren müsse auch auf EU-Ebene (zu den Plänen von Kommissarin Malmström vgl. Meldung vom 7. Dezember 2010) und im Rahmen von »ACTA« vom Tisch geschafft werden. Die Gefahr einer Wiedereinführung, z.B. um gegen Glücksspiele und Urheberrechtsverletzungen vorzugehen, bestehe weiterhin.
(Update 14. April 2011): Wie das BMJ am 13. April 2011 mitteilt, wird Art. 1 Zugangserschwerungsgesetz gestrichen. In der Folge entfallen ebenfalls die geplante Änderung der Datenerhebungsbefugnis von Telekommunikationsanbietern nach § 96 TKG und die in Art. 3 Zugangserschwerungsgesetz geregelte Evaluierungs- und Berichterstattungspflicht.
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