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07.04.2015; 18:47 Uhr
OLG Köln entscheidet Fall zur Frage des urheberrechtlichen Schutzes angewandter Kunst
Urne mit Hirsch ist keine Zusammenstellung vorbekannter Motive und genießt Urheberrechtsschutz

Eine mit einem Hirsch versehene Urne kann als Werk angewandter Kunst Urheberrechtsschutz genießen. Das hat das Oberlandesgericht Köln (OLG Köln) durch Urteil vom 2. April 2014 entschieden (Veröffentlichung in der ZUM bzw. ZUM-RD folgt). Die Richter folgten damit laut dem dem Institut für Urheber- und Medienrecht vorliegenden Urteil der ersten Instanz. Die Richter wandten hierbei die vom Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 13. November 2013 zur urheberrechtlichen Schutzfähigkeit von Werken angewandter Kunst festgelegten Maßstäbe an (BGH - Geburtstagszug, ZUM 2014, 225 - Nachzulesen bei Beck Online). Bei der Urne »Hirsch« handele es sich um eine persönliche geistige Schöpfung im Sinn des § 2 Abs. 2 UrhG. Eine solche setze eine individuelle Prägung voraus, deren ästhetischer Gehalt einen solchen Grad erreicht habe, dass nach Auffassung der für Kunst empfänglichen und mit Kunstanschauungen einigermaßen vertrauten Kreise von einer »künstlerischen« Leistung gesprochen werden könne. Es handele sich gerade nicht um eine Zusammenstellung vorbekannter Motive. 

Im Fall standen sich zwei Unternehmen gegenüber, die sich jeweils mit dem Vertrieb von Urnen beschäftigen. Die Klägerin wirft der Beklagten vor, dass diese ihr Urnenprogramm systematisch nachgeahmt habe. Gegenstand der Klage waren zwei Urnen mit den Motiven »Hirsch« und »Gipfelkreuz«. Gegenstand des Berufungsverfahrens war nur noch das Motiv Hirsch. Die urheberrechtliche Schutzfähigkeit der Urne mit dem Motiv »Gipfelkreuz« hatten die Richter erster Instanz abgelehnt. 

Das OLG Köln bestätigte nun die erste Instanz auch dahingehend, dass es sich bei der streitgegenständlichen Urne mit dem Motiv »Hirsch« um eine Bearbeitung der entsprechenden Urne der Klägerin handelte. Der Gesamteindruck beider Produkte sei einander so ähnlich, dass dem Produkt der Beklagten keine eigenpersönlichen schöpferischen Züge zukommen, hinter denen die schöpferischen Elemente der von der Klägerin verwendeten Gestaltung zurücktreten würden. Vielmehr würden beide Urnen durch das in Grüntönen gehaltene Motiv eines silhouettenartig dargestellten Hirsches vor einer offenen Tallandschaft unter einem leicht bewölkten Himmel geprägt. Die von der Beklagten angeführten Unterschiede wie die Haltung des Tieres, Gestaltung der Landschaft, das Vorhandensein einer zweiten Lichtquelle und die Erstreckung der Darstellung auf den Deckel betreffen nach Ansicht der Richter nur Details, die den Gesamteindruck nicht prägen und daher nicht die Annahme einer eigenschöpferischen Leistung erlaubten. 

Weiterhin bejahten die Richter das Vorliegen eines schuldhaften Handelns auf Seiten der Beklagten. Dieses habe bereits vor der Veröffentlichung der Entscheidung des BGH »Geburtstagszug« vorgelegen, da es bereits dann anzunehmen sei, wenn sich der Verletzer erkennbar in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt habe, in dem er eine von der eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit seines Verhaltens in Betracht ziehen muss. Eine solche Konstellation liege im vorliegenden Fall vor, so dass eine abschließende Entscheidung, ob die Urne der Klägerin als Werk der angewandten Kunst auch nach dem vor der »Geburtstagszug«-Entscheidung geltenden Maßstab schutzfähig gewesen wäre, nicht erforderlich sei. 


[IUM/kr]

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