Auskunftsanspruch zum »Schabowski-Zettel«
Das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hat mit Urteil vom 16. Dezember 2025 entschieden, dass das Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland einem Journalisten Auskunft über die Namen des Erst- und Zweitverkäufers des sogenannten »Schabowski-Zettels« geben muss (Az. 15 A 750/22, Veröffentlichung in ZUM bzw. ZUM-RD folgt). Dies geht aus einer Pressemitteilung des Gerichts hervor.
Ein Chefreporter einer überregionalen Tageszeitung hatte zu dem Erwerb des »Schabowski-Zettels« recherchiert und auf Auskunft geklagt. Bei dem Dokument handelt es sich um den Sprechzettel, von dem das Politbüro-Mitglied Günter Schabowski auf der Pressekonferenz vom 9. November 1989 eine neue Regelung für die Reisen von DDR-Bürgern ins westliche Ausland ablas. Seine Erklärung, die Regelung trete »sofort, unverzüglich« in Kraft, führte wenig später zur ungeplanten Öffnung der Berliner Mauer. Die Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland kaufte den Zettel für 25.000 Euro und nahm ihn im Jahr 2015 in ihre Sammlung auf.
Der Journalist berief sich gegenüber der Stiftung auf seinen presserechtlichen Auskunftsanspruch. Diese lehnte eine Nennung der Namen des Erstverkäufers und des ihr gegenüber aufgetretenen Zweitverkäufers jedoch ab. Zur Begründung führte sie an, der Auskunftserteilung stehe das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Zweitverkäufers entgegen. Ihm sei nämlich mündlich zugesagt worden, dass er anonym bleiben könne.
Das Gericht sah dies anders. Das Informationsinteresse der Presse überwiege die Vertraulichkeitsinteressen des Zweitverkäufers und der Stiftung. Im Übrigen sei die Weitergabe der Informationen an die Presse noch nicht mit einer Veröffentlichung gleichzusetzen. Ob die Informationen letztlich verwertet würden, falle in den redaktionellen Verantwortungsbereich der Presse.
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