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21.01.2009; 19:01 Uhr
Vorabentscheidung des EuGH zu frühen Tonträgeraufnahmen von Bob Dylan
Einheitliche Schutzfristen gelten auch für Leistungen, die vor 1966 erbracht wurden

Die durch die Richtlinie 2006/116/EG harmonisierten Schutzfristen im Urheberrecht gelten nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 20. Januar 2009 (Az.: C-240/07, Veröffentlichung in ZUM oder ZUM-RD) auch dann, wenn der betreffende Schutzgegenstand in einem Mitgliedsstaat zu keiner Zeit, jedoch in einem anderen Mitgliedsstaat aufgrund nationaler Vorschriften geschützt war. Im konkreten Fall hatte sich Sony Music Entertainment gegen den Verkauf von CDs mit Titeln des Musikers Bob Dylan, die vor 1966 und damit vor Inkrafttreten des deutschen Urheberrechtsgesetzes (UrhG) veröffentlicht wurden, zur Wehr gesetzt und war damit vor dem Landgericht und in zweiter Instanz vor dem Oberlandesgericht Hamburg gescheitert. Die Richter versagten Sony als Tonträgerhersteller einen Schutz nach § 85 UrhG, da dieser nur für Leistungen gelte, die nach dem 1. Januar 1966 erbracht worden seien. Auch der Verweis auf einen bestehenden Leistungsschutz in Großbritannien, der nach der Regelung des § 137 f Abs. 2 UrhG auch in Deutschland gelten müsse, ändere daran nichts, da ein Schutz in Deutschland zu keiner Zeit bestanden habe.

Im Revisionsverfahren äußerte der Bundesgerichtshof Zweifel an dieser Auslegung der Vorschrift des Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2006/116/EG und legte die dem Europäischen Gerichtshof die Sache zur Vorabentscheidung vor (Beschluss in ZUM 2007, 531). Die Auslegung durch den EuGH ergab nun, dass die Schutzfrist der Richtlinie - gerade auch, um Unterschiede der einzelstaatlichen Vorschriften zu vermeiden - auch dann gilt, wenn der Gegenstand in dem jeweiligen Mitgliedsstaat selbst zu keiner Zeit geschützt war. Voraussetzung sei nur, dass der jeweilige Gegenstand zum Stichtag 1. Juli 1995 in mindestens einem Mitgliedsstaat der EU nach nationalen Vorschriften Schutz genossen habe. Zusätzlich stellten die Luxemburger Richter fest, dass ein solcher Schutz auch dann bestehe, wenn der Rechteinhaber nicht Angehöriger dieses Mitgliedsstaates ist, aber zum betreffenden Zeitpunkt dennoch nach nationalen Vorschriften Schutz genoss.

Nach dieser Vorabentscheidung des EuGH wird sich der BGH erneut mit der Revisionsklage von Sony befassen und über die geltend gemachten Schadensersatzansprüche entscheiden.

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