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Begründung zum Vierzehnten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Vierzehnter Rundfunkänderungsstaatsvertrag)

 

A. Allgemeines

Die Regierungschefin und die Regierungschefs der Länder haben am 10. Juni 2010 den Vierzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag unterzeichnet.

Der Vierzehnte Rundfunkänderungsstaatsvertrag enthält neben der Überarbeitung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages (Artikel 1) auch redaktionelle Änderungen des Rundfunkstaatsvertrages (Artikel 2) und des Deutschlandradio-Staatsvertrages (Artikel 3).

Anlass für die Überarbeitung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages war zum einen die Protokollerklärung der Länder zur Evaluierung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages aus dem Jahr 2002, auf deren Grundlage das Hans-Bredow-Institut für Medienforschung an der Universität Hamburg einen Evaluierungsbericht erstellt hat. Zum anderen trägt die Novellierung dem auf den Amoklauf von Winnenden und Wendlingen zurückgehenden entsprechenden Auftrag der Ministerpräsidentenkonferenz vom 4. Juni 2009 Rechnung. Die Novellierung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages führt dem Evaluierungsergebnis folgend zu einer Weiterentwicklung und Stärkung des Systems der regulierten Selbstregulierung, auf dem der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag seit seiner Verabschiedung basiert. Zudem werden die Regelungsansätze des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages und des Jugendschutzgesetzes des Bundes, in dessen Regelungsbereich die Trägermedien fallen, weiter vereinheitlicht, um der fortschreitenden Medienkonvergenz Rechnung zu tragen. In diesem Zusammenhang ist insbesondere die neue Möglichkeit der Alterskennzeichnung für online-vertriebene Computerspiele zu erwähnen. Ferner werden durch den novellierten Jugendmedienschutz-Staatsvertrag durch konkretisierte gesetzliche Vorgaben neue Impulse für die Entwicklung und Verbreitung von Jugendschutzprogrammen gesetzt, um den Personen mit Erziehungsverantwortung baldmöglichst ein Instrument zum Schutz ihrer Kinder im Internet zur Verfügung zu stellen. Durch die Möglichkeit der Alterskennzeichnung werden die Handlungsoptionen der Anbieter zur Erfüllung ihrer jugendschutzrechtlichen Verpflichtungen erweitert.

Der freie Zugang zu Informationsquellen sowie die freie Kommunikation sind Grundpfeiler eines demokratischen Staates und gleichzeitig Voraussetzung für eine wissensbasierte Gesellschaft. Internet und Medien sind aus dem heutigen Alltag nicht mehr wegzudenken und für viele Bevölkerungsgruppen ein zentrales Instrument zur gesellschaftlichen Teilhabe. Dabei ist der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor nicht altersgerechten Internetinhalten ein besonders zu schützendes, hohes Gut. Anbieter entwicklungsbeeinträchtigender und erziehungsbeeinträchtigender Angebote im Fernsehen, Radio und Internet bleiben weiterhin durch den Staatsvertrag verpflichtet, dafür zu sorgen, dass Kinder und Jugendliche diese üblicherweise nicht wahrnehmen. Durch die Novellierung werden keine weiteren Verpflichtungen für die Inhalteanbieter geschaffen. Es werden Rahmenbedingungen für eine gemeinsam getragene Verantwortung von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft geschaffen und der erfolgreiche Weg der regulierten Selbstregulierung fortgesetzt.

Wesentliche Neuerung der Novellierung ist die Einführung einer freiwilligen Alterskennzeichnung von Internetangeboten. Bislang ist eine Alterskennzeichnung lediglich für Trägermedien im Jugendschutzgesetz vorgesehen. Die Novellierung legt die Altersstufen des Jugendschutzgesetzes zu Grunde, sodass ein nutzerfreundliches, alle elektronischen Medien einschließendes Alterskennzeichnungssystem etabliert wird. Der Anbieter kann seine jugendschutzrechtliche Verpflichtung dadurch erfüllen, dass er sein Angebot freiwillig mit einem Alterskennzeichen versieht, das für ein anerkanntes Jugendschutzprogramm programmiert ist. Erziehungsberechtigte können zum Schutz minderjähriger Kinder vor nicht altersgerechten Angeboten ein solches Jugendschutzprogramm installieren und aktivieren. Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag setzt in diesem Zusammenhang auf nutzerautonome - von Erziehungsberechtigten einzusetzende - Lösungen und zeigt diesen damit einen Weg auf, wie sie Verantwortung für ihre Kinder auch im Netz wahrnehmen können. Die Zugangsprovider werden verpflichtet, ihren Kunden ein anerkanntes Jugendschutzprogramm leicht auffindbar anzubieten. Die Alterskennzeichnung von Angeboten kann durch den Anbieter selbst oder durch eine anerkannte Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle erfolgen. Auch durch die gegenseitige Anerkennung von Alterskennzeichnungen im Online- und Offline-Bereich wird der Medienkonvergenz Rechnung getragen. Neben der freiwilligen Alterskennzeichnung hat der Anbieter weiterhin die Möglichkeit, seiner Pflicht durch andere technische Mittel oder Zeitbeschränkungen nachzukommen. Für Anbieter von Inhalten, die von Dritten mitgestaltet werden ("user generated content", wie beispielsweise in Blogs oder Foren), werden die jugendmedienschutzrechtlichen Verpflichtungen ebenfalls nicht erweitert. Ihnen wird durch die Novellierung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages jedoch ebenfalls die Möglichkeit der Alterskennzeichnung eröffnet.

Zudem nimmt die Novellierung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages im Lichte der verfassungsrechtlich garantierten Pressefreiheit mit dem Berichterstattungsprivileg eine Beweislastumkehr zugunsten journalistischer Berichterstattung vor. Ferner werden Anbieter privilegiert, die ihr Angebot freiwillig mit einer Altersstufe kennzeichnen und sich zur Alterskennzeichnung ihres Angebotes eines Selbstklassifizierungssystems einer anerkannten Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle ordnungsgemäß bedient haben.

Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag sichert zudem die Finanzierung der 1997 von den Jugendministern der Länder gegründeten und organisatorisch an die KJM angebundenen länderübergreifenden Stelle für Jugendschutz, "jugendschutz.net", dauerhaft ab, da sie sich als Stelle zur Überprüfung und Bewertung möglicher jugendschutzrelevanter Angebote im Internet bewährt hat.

Dieser Staatsvertrag unterliegt bezüglich der jugendschutzrechtlichen Bestimmungen zu Telemedien der Notifizierungspflicht gemäß der Richtlinie 98/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juli 1998 zur Änderung der Richtlinie 98/34/EG über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften. Die entsprechende Notifizierung bei der Europäischen Kommission wurde vorgenommen.

 

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