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DRITTER ABSCHNITT
Der Urheber

Zu § 7 - Urheber

Der Satz "Urheber ist der Schöpfer des Werkes" gibt denselben Gedanken wieder wie § 2 Abs. 1 Satz 1 LUG: "Urheber eines Werkes ist dessen Verfasser", gilt aber nicht nur für Werke der Literatur und der Tonkunst, sondern für sämtliche Werke im Sinne des § 2 Abs. 1, Da nach dem Entwurf nur persönliche geistige Schöpfungen als Werke geschützt sein sollen, kann das Urheberrecht an solchen Werken nur in der Person ihres Schöpfers entstehen.

Von diesem Grundsatz macht der Entwurf keine Ausnahme. Er sieht davon ab, wie in den §§ 3, 4, 32 LUG, §§ 5, 6, 25 Abs. 2 KUG ein Urheberrecht juristischer Personen an den von ihnen herausgegebenen Werken anzuerkennen; denn juristische Personen können keine das Urheberrecht an Sammlungen oder sonstigen Werken begründende geistige Tätigkeit entfalten. Auch das Urheberrecht an Filmwerken soll nach dem Entwurf in der Person der geistigen Schöpfer des Filmwerkes entstehen; ein fiktives Urheberrecht des Filmherstellers, wie es in § 93 des Referentenentwurfs von 1954 vorgeschlagen worden war, enhält der Entwurf nicht.

Im Entwurf wird der Grundsatz, daß allein der Schöpfer des Werkes Träger des Urheberrechts sein soll, auch insofern folgerichtig durchgeführt, als in keinem Fall ein gesetzlicher Übergang einzelner oder aller urheberrechtlicher Befugnisse auf andere Personen vorgesehen ist. Maßgebend ist hierfür die Erwägung, daß in allen Fällen die Möglichkeit einer vertraglichen Einräumung der urheberrechtlichen Befugnisse durch den Urheber ausreicht. Soweit nach der Lebenserfahrung von einer stillschweigenden Einräumung urheberrechtlicher Befugnisse auszugehen ist, trägt der Entwurf dem durch AuslegungsregeIn Rechnung (vgl. §§ 98 und 99).

Zu § 8 - Miturheber

Die geltenden Gesetze (§ 6 LUG, § 8 KUG) nehmen Miturheberschaft an, wenn ein Werk von mehreren gemeinsam in der Weise hergestellt worden ist, daß ihre Arbeiten sich nicht trennen lassen. Der Entwurf stellt in Absatz 1 demgegenüber in Übereinstimmung mit einem bereits für das geltende Recht in gleiche Richtung weisenden Urteil des Bundesgerichtshofs vom 3. März 1959 - I ZR 17/58 - auf die Unmöglichkeit der gesonderten Verwertung der Beiträge ab. Es kommt nicht auf die tatsächliche Untrennbarkeit der Beiträge an, sondern darauf, ob die einzelnen Beiträge unvollständige Teile des ganzen Werkes sind. Es erscheint möglich, daß ein Beitrag eines Miturhebers äußerlich von dem Beitrag des anderen Miturhebers unterscheidbar und damit auch trennbar ist (z. B. einzelne Szenen eines Bühnenwerkes), daß er aber dennoch unselbständig ist und nicht gesondert verwertet werden kann.

Das Rechtsverhältnis der Miturheber untereinander wird nach geltendem Recht als eine Gemeinschaft nach Bruchteilen im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs angesehen (§ 6 LUG, § 8 KUG). Dies entspricht jedoch nicht der Natur der Miturheberschaft als einer auf gewolltem Zusammenwirken beruhenden besonders engen Gemeinschaft. Absatz 2 bestimmt daher, daß mehrere Miturheber in einer Gemeinschaft zur gesamten Hand stehen, ähnlich wie eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts. Die Miturheber können danach das Werk nur gemeinsam veröffentlichen, verwerten oder ändern. Damit nicht ein Miturheber ohne triftigen Grund durch Versagen seiner Einwilligung die Verwertung des Werkes überhaupt verhindern kann, ist zugleich vorgesehen, daß er seine Einwilligung zu einer gemeinsam zu treffenden Maßnahme nicht wider Treu und Glauben versagen kann (Absatz 2 Satz 2). Zur Erleichterung der Abwehr von Verletzungen des gemeinsamen Urheberrechts bestimmt Absatz 2 Satz 3, daß jeder Miturheber berechtigt ist, Ansprüche aus Verletzungen des gemeinsamen Urheberrechts geltend zu machen, ohne daß er zuvor die Zustimmung der anderen Miturheber einzuholen braucht. Handelt es sich um Ansprüche auf Leistung, wie z. B. Schadenersatzansprüche oder Ansprüche auf Überlassung, so soll er jedoch nur Leistung an alle Miturheber verlangen können.

Um gegebenenfalls auch die spätere Genehmigung einer ohne Einwilligung eines Miturhebers vorgenommenen Veröffentlichung, Verwertung oder Änderung des Werkes zu ermöglichen, ist angeregt worden, den Begriff der Einwilligung durch den allgemeineren der Zustimmung zu ersetzen. Es erscheint jedoch bedenklich, auf diese Weise rückwirkend die Heilung einer bereits vollendeten und bei vorsätzlichem Handeln sogar strafbaren Rechtsverletzung zuzulassen. Nur bei Rechtsgeschäften kennt das Gesetz den Zustand einer schwebenden Rechtsunwirksamkeit. Die schwebende Rechtsunwirksamkeit reiner Rechtshandlungen wäre mit dem Erfordernis der Rechtssicherheit unvereinbar. Hat der betroffene Miturheber gegen die ohne sein Einverständnis durchgeführte Maßnahme nichts einzuwenden, so mag er auf seine Ansprüche aus der Rechtsverletzung verzichten.

Absatz 3 regelt die Verteilung der Erträgnisse aus aus der Nutzung des Werkes. Nach geltendem Recht finden, da zwischen den Miturhebern eine Gemeinschaft nach Bruchteilen besteht, die §§ 742 und 743 des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung, nach denen im Zweifel anzunehmen ist, daß den Miturhebern gleiche Anteile an den Nutzungserträgnissen zustehen. Diese Regelung erscheint nicht angemessen, da häufig die Beiträge der Miturheber an dem gemeinsamen Werk sehr unterschiedlichen Wert haben. Der Entwurf sieht daher vor, daß die Nutzungserträgnisse den Miturhebern nach dem Verhältnis der Bedeutung ihrer Anteile an der Schöpfung des Werkes gebühren, sofern nichts anderes zwischen den Miturhebern vereinbart ist.

Absatz 4 läßt in Ausnahme von dem sonst geltenden Grundsatz, daß die Verwertungsrechte ebenso wie das Urheberrecht als Ganzes nicht übertragbar und somit auch nicht verzichtbar sind (vgl. § 29 Satz 2), den Verzicht eines Miturhebers auf seinen Anteil an den Verwertungsrechten zu. Im Falle des Verzichts soll entsprechend der Gestaltung der Miturheberschaft als einer Gesamthandsgemeinschaft der Anteil den anderen Miturhebern zuwachsen. Diese Regelung erscheint geboten, um besonders in den Fällen, in denen eine große Zahl von teilweise nur unbedeutend an der Schöpfung des Werkes beteiligten Miturhebern vorhanden ist, eine Zusammenfassung der Verwertungsrechte in der Hand einiger weniger Miturheber zur Erleichterung der Auswertung des Werkes zu ermöglichen. Ein Verzicht auf die persönlichkeitsrechtlichen, Bestandteile des Urheberrechts soll dagegen auch einem Miturheber nicht möglich sein.

Von verschiedenen Seiten ist gefordert worden, neben der vorgesehenen Bestimmung über die Miturheberschaft eine Sonderregelung für das sog. Gruppenwerk zu schaffen, ähnlich wie es in Artikel 9 Abs. 3 des neuen französischen Urheberrechtsgesetzes vom 11. März 1957 vorgesehen ist. Danach soll bei einem Werk, das mehrere unter der Leitung eines Herausgebers geschaffen haben, ohne daß ihre Anteile daran nach Umfang, Bedeutung oder in sonstiger Weise unterscheidbar sind (Gruppenwerk), dem Herausgeber das ausschließliche Recht zur Veröffentlichung und Verwertung des Werkes zustehen, wenn er das Zustandekommen des Werkes durch seine leitende Mitarbeit bewirkt hat. Ein Bedürfnis für eine solche Regelung ist jedoch nicht anzuerkennen. Was das Verhältnis der an der Herstellung des Werkes Beteiligten untereinander betrifft, so reicht die in § 8 vorgesehene Regelung aus, nach der ein einzelner die Verwertung des Werkes nicht durch Versagen seiner Einwilligung wider Treu und Glauben verhindern kann; das "Gruppenwerk", bei dem die Beiträge der einzelnen Mitarbeiter nicht unterscheidbar, also auch nicht gesondert verwertbar sind, ist ein typischer Fall der Miturheberschaft, so daß die Anwendbarkeit des § 8 nicht zweifelhaft sein kann. Aber auch für das Verhältnis der Mitarbeiter zum Herausgeber bedarf es keiner Sonderregelung. Der Herausgeber kann sich die für die Verwertung des Werkes erforderlichen Rechte von allen Mitwirkenden ebenso vertraglich einräumen lassen, wie er dies bei dem Werk eines einzelnen Urhebers tun müßte. Die vorgeschlagene Regelung, die auf ein originäres Urheberrecht oder zumindest Verwertungsrecht des Herausgebers abzielt, würde mit der Zielsetzung des Entwurfs unvereinbar sein, den Grundsatz des § 7, daß Urheber nur der Schöpfer des Werkes sein kann, ausnahmslos durchzuführen.

Zu § 9 - Urheber verbundener Werke

Von der Miturheberschaft, die durch gemeinsame Schöpfung eines einheitlichen Werkes gekennzeichnet ist, ist der Fall zu unterscheiden, daß zwei oder mehrere an sich selbständige Werke im Einverständnis ihrer Urheber zu gemeinsamer Verwertung miteinander verbunden werden. Eine solche Werkverbindung liegt stets dann vor, wenn Werke verschiedener Art miteinander verbunden werden, z. B. ein Werk der Musik oder ein Werk der bildenden Künste mit einem Werk der Literatur (Lied, Oper, Illustration eine Romans); doch ist auch eine Verbindung von Werken gleicher Gattung möglich, etwa im Falle eines Kommentars zu einem Gesetz, der aus selbständigen Beiträgen verschiedener Mitarbeiter besteht.

Im geltenden Recht (§ 5 LUG, § 7 KUG) ist für diese Tatbestände vorgesehen, daß für jedes der verbundenen Werke dessen Verfasser auch nach der Verbindung als alleiniger Urheber gilt, d. h. an seinem Werk ungeachtet der Verbindung ein selbständiges Urheberrecht behält. Hiervon geht auch der Entwurf aus. Es ist aber zu berücksichtigen, daß sich verbundene Werke in der Regel gerade in der Verbindung am besten verwerten lassen. Verweigert der eine Urheber seine Zustimmung zu der gemeinsamen Verwertung, so kann er dadurch den anderen Urheber in der wirksamen Auswertung seiner schöpferischen Leistung empfindli ch beeinträchtigen. Um für diesen Fall einen billigen Interessenausgleich zu schaffen, sieht § 9 abweichend vom geltenden Recht vor, daß jeder Urheber von dem anderen die Einwilligung zur Veröffentlichung, Verwertung oder Änderung der verbundenen Werke verlangen kann, wenn die Einwilligung dem anderen nach Treu und Glauben zuzumuten ist.

Zu § 10 - Vermutung der Urheberschaft

Die Bestimmung des Absatzes 1 über die Vermutung der Urheberschaft entspricht dem geltenden Recht (§ 7 Abs. 1 LUG, § 9 Abs. 1 KUG), jedoch mit einer wesentlichen Änderung. Das geltende Recht knüpft die Vermutung der Urheberschaft daran, daß der wahre Name des Urhebers angegeben oder durch kenntliche Zeichen ausgedrückt ist. Der Entwurf legt in Abweichung davon dem vom Urheber benutzten bekannten Decknamen die gleiche Bedeutung bei, da der Schriftsteller- oder Künstlername (Pseudonym) zumeist der einzige Name ist, unter dem die Öffentlichkeit den Urheber kennt.

Die Angabe des Urhebers kann nach dem Entwurf daher in dreifacher Weise vorgenommen werden: entweder durch Anführung des wahren Namens oder des bekannten Decknamens oder, was nur bei Werken der bildenden Künste üblich ist, durch Anbringung des bekannten Künstlerzeichens. Einzelheiten über die Stelle des Werkes, an der die Urheberbezeichnung anzubringen ist, schreibt der Entwurf in Abweichung von § 7 Abs. 1 LUG nicht vor, sondern beschränkt sich darauf, die Vermutung der Urheberschaft an die "in der üblichen Weise" geschehene Angabe zu knüpfen.

Das geltende Recht (§ 7 Abs. 3 LUG) stellt weiterhin bei Werken, die vor oder nach idem Erscheinen Öffentlich aufgeführt oder vorgetragen worden sind, die Vermutung auf, daß derjenige der Urheber ist, der 'bei der Ankündigung der Aufführung oder des Vortrages als Verfasser bezeichnet worden ist. Der Entwurf übernimmt diese Bestimmung nicht; denn, bei einem öffentlichen Vortrag oder einer öffentlichen Aufführung läßt sich wie bei jeder unkörperlichen Wiedergabe des Werkes die Möglichkeit nicht ausschließen, daß ein unrichtiger Urheber genannt wird. Der Urheber kann in diesen Fällen nicht in gleichem Maße die Richtigkeit der Namensangabe überwachen, wie es bei der Anbringung der Urheberbezeichnung auf dem Original oder auf Vervielfältigungsstücken des Werkes möglich ist.

Absatz 2 entspricht der Regelung in § 7 Abs. 2 LUG und § 9 Abs. 2 KUG, nach der bei Werken, die unter einem anderen als dem wahren Namen des Verfassers oder ohne den Namen eines Urhebers erschienen sind, der Herausgeber oder, falls ein solcher nicht genannt ist, der VerIeger berechtigt ist, die Rechte des Urhebers wahrzunehmen. Im Gegensatz zum geltenden Recht wird jedoch nur vermutet, daß der Herausgeber oder Verleger zur Geltendmachung der dem Urheber zustehenden Rechte ermächtigt ist. Dadurch. wird dem Urheber eines anonymen oder pseudonymen Werkes ermöglicht dem Herausgeber oder Verleger die Befugnis zur Wahrnehmung seiner Rechte zu entziehen, wenn er diese Rechte selbst ausüben will. Um Zweifel darüber auszuschließen, wer sich als "Herausgeber" auf die Vermutung nach Absatz 2 berufen kann, ist klargestellt, daß derjenige als zur Geltendmachung der Rechte des Urhebers ermächtigt angesehen wird, der auf den Vervielfältigungsstücken des Werkes als Herausgeber bezeichnet ist, gleichgültig, ob der so Bezeichnete die Herausgebertätigkeit selbst ausgeübt oder vielleicht nur seinen Namen zur Verfügung gestellt hat.

Es ist vorgeschlagen worden, die Bestimmung des § 4 LUG über die Urheberschaft bei Sammelwerken als Absatz 3 hier einzufügen, um Unklarheiten darüber zu vermeiden, wer bei Sammelwerken das Urheberrecht für das Werk als ganzes geltend machen kann. Eine besondere Vermutung über die Urheberschaft an Sammelwerken erscheint jedoch angesichts der Regelung des § 10 überflüssig; denn diese Vorschrift führt zu dem gleichen Ergebnis wie § 4 LUG: Auf Sammelwerken wird üblicherweise der Urheber des Sammelwerkes, d. h. derjenige, der die Auslese oder Anordnung der einzelnen Beiträge vornimmt, als Herausgeber bezeichnet. Hier stellt also die Angabe des Herausgebers die Urheberbezeichnung im Sinne des Absatzes 1 dar. Die Angabe des Herausgebers begründet daher die Vermutung, daß der Herausgeber der Urheber des Sammelwerkes ist. Wird im Einzelfall nachgewiesen, daß er die Auslese und Anordnung der Beiträge nicht selbst vorgenommen hat, so wird, da ein besonderer Urheber für das Sammelwerk nicht angegeben ist, nach § 10 Abs. 2 vermutet, daß er als Herausgeber ermächtigt ist, die Rechte des Urhebers geltend zu machen. Ist der Herausgeber nicht angegeben, so tritt ebenso wie nach § 4 LUG der Verleger an seine Stelle.

S. 3. Abschnitt in der konsolidierten Fassung.