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29.06.2006; 10:54 Uhr
Reding warnt Deutschland ausdrücklich vor »Regulierungsferien« bei neuen Märkten
»§ 9 a TKG-E fördert keine neuen Investitionen, sondern macht diese noch schwieriger«

Die EU-Kommission wendet sich mit klaren Worten gegen »Regulierungsferien« für neue Märkte im Telekommunikationssektor, die ihrer Ansicht nach durch den im aktuellen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Vorschriften enthaltenen neuen § 9 a TKG drohen könnten. Wie die EU-Kommissarin für Informationsgesellschaft und Medien, Viviane Reding, in einer Rede am 28.6.2006 in Brüssel betonte, sei insbesondere bei der netzwerkbasierten Wirtschaft Wettbewerb für Investitionen nicht hinderlich, sondern fördere diese vielmehr. Damit widersprach sie dem Argument der Bundesregierung, mit dem diese bislang die Regelung des § 9 a TKG-E verteidigte, wonach neue Märkte nur dann in die Regulierung einbezogen werden sollen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass anderenfalls die Entwicklung eines nachhaltig wettbewerbsorientierten Marktes im Bereich der Telekommunikationsdienste oder -netze langfristig behindert werde.

Vor allem gegen das Merkmal der Langfristigkeit wandte sich Reding mit Nachdruck. Da das EU-Regelwerk sich gegen Monopole jeder Art ausspreche - seien es bestehende oder zukünftige -, seien auch monopolartige Strukturen inakzeptabel, auch wenn versprochen werde, diese würden »nur« vier oder fünf Jahre andauern - ein Gesichtspunkt, gegen den sich auch der Wirtschaftsausschuss des Bundesrats gewandt hatte (siehe eigene Meldung vom 27.6.2006). Dem hielt Bundeswirtschaftsminister Michael Glos in einer Pressemitteilung vom 29.6.2006 entgegen, dass der Gestezentwurf sich im europäischen Rechtsrahmen bewege, da die Regulierung neuer Märkte lediglich gesetzlich vorstrukturiert werde, ein Präjudiz für die Regulierung konkreter Märkte mithin nicht erfolge. Mit Blick auf den Vorwurf, § 9 a TKG-E sei eine Vorschrift, mit der die Deutsche Telekom und ihr im Aufbau befindliches VDSL-Netz geschützt werden solle, verwies die EU-Kommissarin darauf, dass nach EU-Recht neue Märkte nur dann von unangemessener Regulierung verschont werden könnten, wenn neue Produkte oder Dienste entstünden - dies sei aber gerade bei dem von der Telekom erstrebten Angebot des »triple play« von Fernsehen, Internet und Telefonie nicht der Fall.

Letztlich hofft Reding noch auf ein Einlenken des deutschen Gesetzgebers, insbesondere angesichts eines sonst drohenden deutschen »Sonderwegs«, der für andere EU-Mitgliedstaaten negative Beispielswirkung für eigene unilateristische Entscheidungen haben könnte. Anderenfalls drohe ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland. Klärung soll nun einer dpa-Meldung vom 29.6.2006 zufolge ein Gespräch zwischen der EU-Kommissarin und dem Bundeswirtschaftsminister am Donnerstag kommender Woche in Berlin bringen.

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