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04.08.2006; 10:24 Uhr
BGH: Kanzlei-Ranking in Handbuch nicht wettbewerbswidrig
Hinweis auf eigene Recherchen und subjektive Einschätzung relativiert Werbeeffekt

Ranglisten von Rechtsanwaltskanzleien, die durch einen Verlag anhand eigener Recherche und subjektiver Einschätzung der Reputation erstellt und in einem Handbuch veröffentlicht worden sind, stellen keine unlautere vergleichende Werbung dar. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem erst jetzt veröffentlichten Urteil vom 9.2.2006 entschieden (Az. I ZR 124/03 - Veröffentlichung in der ZUM folgt).

Die Beklagte, ein Verlag für juristische Informationen, hatte ein durch Anzeigen von Kanzleien finanziertes Handbuch publiziert. In diesem hatte sie den nationalen Markt bundesweit und international tätiger Kanzleien analysiert und im Bereich des Wirtschaftsrechts tätige Rechtsanwaltskanzleien nach Regionen und Rechtsgebieten untergliedert in Ranglisten eingruppiert. Dabei wies sie in der Einleitung und in Anschluss an die jeweiligen Tabellen ausdrücklich daraufhin, eine subjektive Auswahl getroffen zu haben, die auf eigenen Recherchen basierte. Die Kläger, Rechtsanwälte einer überörtlichen Rechtsanwaltskanzlei, waren in den Ranglisten nicht vertreten und klagten deswegen auf Unterlassung des Drucks und der Verbreitung des Handbuchs. Ihrer Ansicht nach gebe es keine objektiven Merkmale für die Reputation von Anwälten, weshalb ein Qualitätsvergleich unzulässig sei. Der BGH wies nun die Klage endgültig ab, nachdem die Beklagte zuvor eine Aufhebung des der Klage zunächst stattgebenden Berufungsurteils des OLG München (ZUM-RD 2001, 338) durch eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht (ZUM-RD 2003, 1) erreicht hatte.

Der BGH bestätigte in seinem Urteil die Ansicht des Berufungsgerichts, wonach es sich bei den Rangfolgelisten um keine unlautere vergleichende Werbung handele. Zwar sei das Verhalten der Beklagten objektiv dazu geeignet, den Absatz der Dienstleistungen von Rechtsanwaltskanzleien zu fördern, die in den Ranglisten erwähnt werden. Dies begründe aber nach dem der Beklagten zukommenden allgemeinen Presseprivileg nach Art. 5 Abs. 1 GG keine Vermutung für eine Wettbewerbsabsicht. Auch lägen keine konkreten Umstände vor, wonach neben der Wahrnehmung der publizistischen Aufgabe die Absicht der Beklagten, fremden Wettbewerb zu fördern, eine größere als nur eine notwendigerweise begleitende Rolle gespielt habe. Abweichend vom Berufungsurteil sahen die Karlsruher Richter die Ranglisten nicht als übermäßig anpreisende Darstellungen an, mit denen der Boden sachlicher Information verlassen worden sei. Vielmehr sei der Werbeeffekt der Tabellen durch die Hinweise in Einleitung und in Anschluss an die Tabellen auf die subjektive Einschätzung relativiert worden. Für eine redaktionelle Verknüpfung mit von Kanzleien in dem Handbuch geschalteten Anzeigen lägen keine Feststellungen vor.

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