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01.02.2007; 13:57 Uhr
Störerhaftung im Internet: Dauerhafte Überprüfung ohne konkreten Hinweis auf Urheberrechtsverletzungen unzumutbar
LG Mannheim: Grad von Prüfungspflichten je nach Alter in Entsprechung zu anderen Betätigungsfeldern

Erziehungsberechtigte unterliegen dann keiner ständigen Überwachungspflicht für einen Internet-Anschluss, wenn für sie kein konkreter Anlass besteht, von urheberrechtsverletzenden Handlungen durch Familienangehörige auszugehen. Ist dies der Fall, scheidet eine Störerhaftung für volljährige Kinder aus. Dies entschied das Landgericht Mannheim (LG Mannheim) in einem Urteil vom 29.9.2006 (Az. 7 O 76/06 - ZUM-RD 2007, 255).

Die Klägerin, Inhaberin an ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechten an einem Computerspiel, nahm den Beklagten auf Unterlassung der Zugänglichmachung und Verbreitung besagten Spiels im Internet in Anspruch. Zuvor hatte sie einen entsprechenden Upload des Spielprogramms in einem Filesharing-System durch einen Nutzer unter der dem Beklagten zuzuordnenden IP-Adresse erfasst und protokolliert. Im Verlauf des Prozesses hatte der Beklagte als Teilnehmer in der Tauschbörse seinen volljährigen Sohn benannt; die Klägerin sah eine Verantwortlichkeit des Beklagten nach den Grundsätzen der Störerhaftung für gegeben an.

Das LG Mannheim wies die Klage ab. Grundsätzlich bemesse sich der Umfang der Prüfungspflichten, deren Verletzung eine Störerhaftung voraussetze, nach deren Zumutbarkeit. Stellt der Beklagte seinen Internet-Anschluss Familienangehörigen und insbesondere Kindern zur Verfügung, so seien im familiären Verbund »Prüfungs- und Überwachungspflichten nur insoweit anzunehmen, als diese im Rahmen der Erziehung von Kindern in Abhängigkeit von deren Alter auch auf anderen Betätigungsfeldern notwendig« seien. Eine dauerhafte Überprüfung des Handelns der eigenen Kinder hingegen sei ohne konkreten Anlass nicht zumutbar. Zwar sei bei der Eröffnung des Internetverkehrs für die Kinder eine »einweisende Belehrung« denkbar, dies sei aber im Einzelfall nach Alter und Grad der Vernunft der jeweiligen Nutzer zu entscheiden und im streitigen Fall bei einem volljährigen Kind abzulehnen, da letzteres nach allgemeiner Lebenserfahrung im Umgang mit der Computer- und Internettechnologie einen Wissensvorsprung vor seinen Eltern habe.

In einem weiteren Urteil vom selben Tag hat das LG Mannheim in einem vergleichbaren Fall die Frage des Umfangs der Prüfungspflichten bei minderjährigen Kindern offen lassen können, da zugleich neben den Kindern auch noch Dritte als Verletzer in Frage kamen, für die eine Störerhaftung unzweifelhaft zu bejahen sei (7 O 62/06 - ZUM-RD 2007, 252).

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