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05.09.2007; 10:35 Uhr
WDR-Film über Contergan-Skandal darf ausgestrahlt werden
BVerfG weist Eilanträge von Pharmafirma Grünenthal und Opferanwalt zurück

Der WDR-Zweiteiler »Eine einzige Tablette«, der auf dem Skandal um das mit Nebenwirkungen für Schwangere belastete Schlafmittel »Contergan« basiert, kann am 7. und 8. November 2007 in der ARD ausgestrahlt werden. Die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts lehnte, wie heute bekannt wurde, bereits am 29. August 2007 entsprechende Eilanträge ab, mit denen der Conterganhersteller Chemie Grünenthal GmbH sowie ein damaliger Opferanwalt, der sich in einer Figur des Films wiedererkennt, die Ausstrahlung wegen Verletzung ihrer (Unternehmens-) Persönlichkeitsrechte vorläufig untersagen lassen wollten (Az. 1 BvR 1223/07; 1 BvR 1224/07; 1 BvR 1225/07; 1 BvR 1226/07 - Veröffentlichung in der ZUM folgt).

Ihrer im Rahmen des Eilantrages vorzunehmenden Folgenabwägung legten die Karlsruher Richter die Würdigung des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg zugrunde. Danach ermögliche zwar die Anknüpfung an den realen Sachverhalt des Contergan-Skandals, einen Bezug zu den Beschwerdeführern herzustellen. Dies sei eine notwendige Folge der beabsichtigten und im Vor- und Abspann des Films offen gelegten Anknüpfung der Spielhandlung an einen historischen Sachverhalt. Gerade letzteres unterstreiche aber bereits den Film- und Unterhaltungs-, nicht aber einen dokumentarischen Charakter des Films. daher bewirke die Ausstrahlung des Films nicht eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Persönlichkeitsrechte der Beschwerdeführer, vielmehr wögen mit dem Erlass der beantragten Eilentscheidung verbundenen Nachteile für die betroffene Rundfunkanstalt schwerer. Letztere wolle anlässlich des anstehenden Jahrestages der 50jährigen Wiederkehr der Markteinführung des Medikaments Contergan eine besondere publizistische Wirkung zu einem zeitgeschichtlichen Ereignis erzielen. Die damit verbundenen auch für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsamen Anstöße würden bei einer späteren Ausstrahlung aufgrund eines geringeren Aktualitätsbezuges verloren gehen, was wiederum zu einem schwerwiegenden Eingriff in die Freiheit der Rundfunkanstalt zur Gestaltung und Verbreitung ihres Programms führen würde.

Über die Verfassungsbeschwerden, die sich gegen die die einstweiligen Verfügungen der Vorinstanz aufhebenden Urteile des OLG Hamburg vom 10. April 2007 (ZUM 2007, 479 und 483, beide Heft 6 und Meldung vom 10.4.2007) richten, haben die Karlsruher Richter jedoch noch nicht entschieden.

Dokumente:

Institutionen:

Zu diesem Thema:

  • Anmerkung zu den Urteilen des OLG Hamburg vom 10. April 2007 von Rechtsanwalt Michael Fricke, Hamburg, ZUM 2007, 488 (Heft 6)
[IUM/hl]

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