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22.10.2007; 10:33 Uhr
Altersverifikationssystem »ueber18.de« für Erotik-Angebote im Internet ist unzureichend
BGH: »Personal- oder Reisepassnummer sind keine effektive Barriere für den Zugang Minderjähriger« - KJM sieht sich bestätigt

Die Zugänglichmachung pornographischer Internet-Angebote unter bloßer Eingabe einer Personal- oder Reisepassnummer genügt nicht den jugendschutzrechtlichen Anforderungen; auch das zusätzliche Erfordernis einer Kontobewegung sowie der Abfrage einer Postleitzahl ist hierfür nicht ausreichend. Dies entschied der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) am 18.10.2007 durch Urteil (Az. I ZR 102/05 - Veröffentlichung in der ZUM 6/2008 folgt).

Die Parteien des Rechtsstreits sind beide Anbieter von Altersverifikationssystemen (AVS) für Betreiber von Internetseiten mit pornographischen Inhalten, die den Zugang Minderjährigen zu diesen Angeboten ausschließen sollen. Die Beklagte entwickelte Versionen, bei denen die Zugangsgewährung von der Angabe einer Personal- oder Reisepassnummer und der Postleitzahl des Ausstellungsortes abhängig ist bzw. von der Eingabe eines Namens, einer Adresse und einer Kreditkartennummer oder Bankverbindung. Zusätzlich verlinkte sie auf die pornographischen Internet-Angebote von Kunden, die ihre AVS verwenden. Die Klägerin, die dagegen ein so genanntes Post-ident-Verfahren entwickelt hat, nahm die Beklagte wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens auf Unterlassung in Anspruch, da sie mit ihren Systemen gegen Jugendschutzbestimmungen und das StGB verstoße. Während das Landgericht Düsseldorf die Klage abwies, hatte die Klägerin mit ihrer Berufung vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf Erfolg, das der Unterlassungsklage stattgab (LG Düsseldorf ZUM 2004, 849, OLG Düsseldorf ZUM-RD 2005, 495).

Die Richter des BGH bestätigten das Urteil des OLG Düsseldorf und stellten fest, dass die von der Beklagten entwickelten Systeme keine »effektive Barriere« für den Zugang Minderjähriger zu Telemedien darstellen, die nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden dürfen und nur in diesem Fall auch zulässig sind. Entsprechende Daten wie Ausweisnummern könnten Jugendliche leicht von Familienangehörigen oder erwachsenen Bekannten besorgen. Auch würden durch eine solche Wertung keine zu hohen Anforderungen gestellt und damit der Zugang für Erwachsene unverhältnismäßig eingeschränkt, da zahlreiche andere Möglichkeiten existierten zur Ausgestaltung zuverlässig arbeitender AVS, wie beispielsweise eine einmalige persönliche Identifizierung der Nutzer etwa durch einen Postzusteller und eine Authentifizierung bei jedem Abruf von Inhalten. Der BGH verneinte ebenfalls eine Diskriminierung inländischer Anbieter pornographischer Inhalte gegenüber ausländischen, da für diese auch das deutsche Recht gelte. Eine lediglich erschwerte Rechtsdurchsetzung bei Angeboten aus dem Ausland stelle aber noch keinen Verstoß gegen das Gleichheitsgebot dar. Folglich sei der Unterlassungsanspruch zu bejahen, und zwar sowohl hinsichtlich der Beteiligung der Beklagten für die unzulässigen Angebote ihrer Kunden als auch direkt wegen ihrer Verlinkung zu diesen Angeboten auf ihrer Homepage.

Von der Entscheidung des BGH erfreut zeigte sich die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM), da sich die Karlsruher Richter bei ihrer Entscheidung auch auf Konzepte zur Sicherstellung geschlossener Benutzergruppen bezieht, die die KJM positiv bewertet hat. »Die Positivbewertungen der KJM zeigen, dass es inzwischen zahlreiche Beispiele für gesetzeskonforme und gleichzeitig praktikable Lösungen gibt«, sagte KJM-Vorsitzende Wolf-Dieter Ring am 22.10.2007.

Dokumente:

Institutionen:

Zu diesem Thema:

  • Jugendschutz mit den Mitteln des Wettbewerbsrechts? Anmerkung zu LG Düsseldorf   12 O 19/04 - ZUM 2004, 851, von Dr. Marco Gercke, München
[IUM/hl]

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