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14.01.2008; 10:58 Uhr
Kein Schadensersatz für Günther Jauch wegen Fotos seiner Hochzeit in Zeitungen
LG Hamburg sieht wegen anwesender Prominenz berechtigtes Berichterstattungsinteresse

Ohne Erfolg geblieben sind zwei Klagen des Fernsehmoderators Günther Jauch auf Schadensersatz wegen der Veröffentlichung von Fotografien seiner Hochzeit in der »Berliner Morgenpost« und der Berliner Lokalausgabe der »Welt«. Dies teilte die Axel Springer AG am 11.1.2008 mit.

Die Abbildungen zeigten Jauch beim Sektempfang nach seiner Hochzeit im Hof der Potsdamer Friedenskirche. Mit seinen Klagen vor dem Landgericht Hamburg gegen Axel Springer und die Ullstein GmbH hatte der TV-Moderator von den Verlagen jeweils 100.000 EUR fiktive Lizenzgebühren und 30.000 EUR Schmerzensgeld verlangt. Laut der »fr-online« vom 14.1.2008 begründete der Rechtsanwalt Jauchs, Christian Schertz die Forderung bezüglich der Lizenzgebühren mit dem »unerlaubten Ausschlachten der Privatsphäre« seines Mandanten.

Dem folgten die Hamburger Richter der Pressekammer offensichtlich nicht; aus welchen Erwägungen sie dies taten, derzeit nicht möglich, da die Entscheidungsgründe der Redaktion noch nicht vorliegen. Den Schmerzensgeldanspruch lehnte das LG Hamburg laut Springer mit der Begründung ab, dass an der Hochzeit aufgrund der anwesenden Prominenz und des Ortes ein berechtigtes öffentliches Interesse bestanden habe. Der Chefredakteur der »Berliner Morgenpost«, Carsten Erdmann, bezeichnete die Entscheidungen als einen Sieg der Pressefreiheit. Gegenüber »fr-online« zeigte sich Schertz wiederum nicht überrascht, da man mit der Forderung von Lizenzgebühren neue Wege gegangen sei, die möglicherweise einer höchstrichterlichen Prüfung bedürfe. Zugleich wies er darauf hin, dass das LG Hamburg Jauchs Ehefrau wegen eines Hochzeitsfotos in der »Bunten« ein Schmerzensgeld von 25.000 EUR zugesprochen habe (siehe hierzu aber Aktualisierung weiter unten).

Bereits im Vorfeld seiner Hochzeit im Juli 2006 hatte Jauch durch einstweilige Verfügungen versucht, ein - laut Springer - »umfassendes Berichterstattungsverbot« zu erwirken. Das Kammergericht hatte damals in zweiter Instanz entschieden, dass angesichts der überragenden Prominenz von Günther Jauch als Moderator und Werbeträger ein vorrangiges Berichterstattungsinteresse daran anzuerkennen sei, dass er in bekannten Sehenswürdigkeiten heiraten bzw. Hochzeit feiern wolle, auch wenn dadurch Schaulustige angelockt werden könnten.

Aktualisierung vom 21.1.2008:

Wie die Rechtsvertreter des beklagten Verlagshauses am 17.1.2008 mitteilten, ist die der Ehefrau von Günther Jauch zugesprochene Geldentschädigung entgegen der Darstellung des Klägervertreters nicht wegen der Bildveröffentlichung, sondern wegen eines Teils der Textberichterstattung zugesprochen worden, mit der nach Ansicht des Gerichts »in geradezu voyeuristischer Manier zahlreiche Einzelheiten der Hochzeit vor ihren Lesern ausgebreitet« worden seien, was eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung darstelle (Az. 324 O 126/07 - Veröffentlichung in der ZUM folgt). Damit folgen die Richter einer neueren und auf erhebliche Kritik gestoßenen Entwicklung in der Rechtsprechung, bei der Frage der Zulässigkeit einer Berichterstattung regelmäßig nach einem legitimen Informationsinteresse der Öffentlichkeit zu fragen (hierzu und zur Kritik siehe Meldung vom 9.11.2007).

Dokumente:

Institutionen:

Zu diesem Thema:

  • Fiktive Lizenzentgelte für Politiker? Anmerkungen zur Werbung mit Fotos von Joschka Fischer und Oskar Lafontaine, Aufsatz von Professor Dr. Karl-Heinz Ladeur, Hamburg, ZUM 2007, 111-119 (Heft 2)
  • Zulässige Abbildung eines prominenten Politikers im Rahmen einer satirisch gestalteten Werbung, Urteil des Bundesgerichtshofs vom 26. Oktober 2006 - Az. I ZR 182/04 - Rücktritt des Finanzministers - ZUM 2007, 55-58 (Heft 1)
  • Schadensersatz wegen Verwendung des (veränderten) Bildes eines prominenten Politikers für eine Werbekampagne, Urteil des Landgerichts Hamburg vom 27. Oktober 2006 - Az. 324 O 381/06 - nicht rechtskräftig - ZUM 2007, 155-159 (Heft 2)
[IUM/hl]

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