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19.01.2009; 13:56 Uhr
Bayerisches Finanzministerium untersagt »Zeitungszeugen« den Nachdruck nationalsozialistischer Zeitungen
Freistaat Bayern verfolgt restriktive Verwaltung der Verlagsrechte

Mit Berufung auf Urheberrechte ist der Sammelheft-Edition »Zeitungszeugen« der Nachdruck von Druckerzeugnissen des Eher-Verlags, wie »Der Angriff« oder »Völkischer Beobachter«, durch das Bayerische Finanzministerium verboten worden. Im wöchentlichen Rhythmus sollten Reproduktionen nationalsozialistischer Zeitungen aus den Jahren 1933 bis 1945 eingebettet in Kommentare und Analysen von Historikern erscheinen. Aufgrund besatzungsrechtlicher Vorschriften ist das Vermögen des Eher-Verlags nach dem Zweiten Weltkrieg auf den Freistaat Bayern übergegangen, der damit auch die Verlagsrechte an den betreffenden Zeitungen hält. Bei der Rechteverwaltung, die durch das Finanzministerium erfolgt, sei man sehr restriktiv, um eine Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts zu verhindern, so das Ministerium in einer Pressemitteilung. Aus diesem Grund würden grundsätzlich keine Abdruckgenehmigungen für Gesamtwerke erteilt.

Daran ändere auch der wissenschaftliche Ansatz von »Zeitungszeugen« nichts. Da sich die Erläuterungen der Historiker jeweils auf dem Mantelbogen der Ausgabe befinden, könne der eigentliche Nachdruck entnommen und ungefiltert verbreitet werden. Auch die urheberrechtliche Schranke für wissenschaftliche Zitate gem. § 51 Nr. 1 UrhG greife hier nach Ansicht des Ministeriums nicht, da sie nicht den Abdruck der gesamten Zeitung decke.

Die Gefahr eines Missbrauchs der Nachdrucke wies die Chefredakteurin von »Zeitungszeugen«, Sandra Paweronschitz, in einer Pressemitteilung zurück. Stattdessen werde durch die historische Einordnung durch Experten Äufklärung über NS-Propaganda betrieben. Das Verbot wolle man nicht hinnehmen und »mit allen juristischen Mitteln gegen diesen Angriff auf die Pressefreiheit« vorgehen, nicht nur vor den Zivilgerichten, sondern notfalls auch vor dem Bundesverfassungsgericht, so Paweronschitz. Auch der Verleger von »Zeitungszeugen«, Peter McGee, kündigte eine gerichtliche Überprüfung an. So habe er Zweifel, ob die Verlagsrechte überhaupt noch beim Freistaat Bayern liegen.

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