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16.12.2009; 16:28 Uhr
BGH weist Klagen gegen Namensnennung im Zusammenhang mit dem Mord an Walter Sedlmayr zurück
Deutschlandradio darf Altbeiträge in einem Online-Archiv weiterhin zum Abruf bereithalten

Die beiden Brüder, die wegen des Mordes an dem Schauspieler Walter Sedlmayr 1993 in einem Indizienprozess zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt und im Jahr 2007 bzw. 2008 aus der Haft entlassen worden sind, haben keinen Anspruch gegen die Abrufbarkeit von Altmeldungen des Deutschlandradios im Internet, in denen sie mit Vor- und Nachnamen genannt werden, wie der Bundesgerichtshof am 15. Dezember 2009 entschieden hat (Az.: VI ZR 227/08 u. VI 228/08; Veröffentlichung in ZUM oder ZUM-RD folgt). Der Radiosender hatte am 14. Juli 2000 auf seiner Webseite in der Kategorie »Kalendarblatt« einen Beitrag zum zehnten Jahrestag des Mordes an Walter Sedlmayr samt Namensnennung der Kläger veröffentlicht und auch in den folgenden Jahren als Archiv-Meldung zum öffentlichen Abruf bereitgehalten.

In den Vorinstanzen vor dem Landgericht und dem Oberlandesgericht Hamburg waren die Kläger zunächst erfolgreich gewesen. Die Bundesrichter wiesen die Klagen jedoch mit der Begründung zurück, dass das Schutzinteresse gegen den mit der Namensnennung verbundenen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Kläger hinter dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Recht auf freie Meinungsäußerung zurücktreten müsse. Gleiches gelte auch für das Resozialisationsinteresse, weil die Kläger durch den sachlichen und wahrheitsgemäßen Bericht als Straftäter nicht »ewig an den Pranger« gestellt würden. Da der Fall nicht nur wegen der Schwere des Tatvorwurfs und dem Bekanntheitgrads des Opfers, sondern auch wegen der Bemühungen der Verurteilten um eine Aufhebung des Urteils für erhebliches Aufsehen gesorgt hatte, war auch im Jahr 2000 eine Berichterstattung noch zulässig.

Das Informationsinteresse der Allgemeinheit beziehe sich nicht nur auf aktuelle Ereignisse, sondern auch auf zurückliegende zeitgeschichtliche Ereignisse, so dass auch die Bereithaltung des Berichtes, der ohnehin nur durch gezielte Suche im Online-Archiv auffindbar war, zulässig sei. Als weiteres Argument führten die Richter des VI. Zivilsenats an, dass ein Verbot der Abrufbarkeit ursprünglich zulässiger Meldungen erheblich in die Meinungs- und Medienfreiheit eingreifen würde, weil zurückliegende Beiträge in öffentlichen Archiven dann stets auf ihre Rechtmäßigkeit hin kontrolliert werden müssten.

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